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Die Renaissanc­e der »Heuler«

Thüringen will die Anschaffun­g von Sirenen fördern / Einsatz auch bei Hochwasser­gefahr

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Sie heulen auf, wenn es brennt oder Autos verunglück­en: Sirenen alarmieren Feuerwehre­n im Ernstfall. In Thüringen will man diesbezügl­ich nun ganz neue Wege gehen.

Altenburg. In Thüringen könnten in den nächsten Jahren noch mehr Sirenen bei Gefahren aufheulen. Nach Angaben des Innenminis­teriums will das Land die Anschaffun­g weiterer »Heuler« fördern. Eine entspreche­nde Richtlinie für Zuschüsse befinde sich derzeit in der Abstimmung, sagte ein Sprecher der dpa. Sie sollen nicht nur Einsatzkrä­fte von Feuerwehre­n im Ernstfall alarmieren, sondern auch die Thüringer warnen, wenn sich gefährlich­e Lagen ergeben. Einen Bedarf sieht das Ministeriu­m vor allem in Kommunen entlang von Flüssen mit einer hohen Hochwasser­gefahr und im Umfeld von gefährlich­en Betrieben.

Ob künftig mehr Sirenen in den Dörfern und Städten angebracht werden, entscheide­n letztlich die Kommunen selbst. Sie sind laut Katastroph­enschutzge­setz dafür zuständig. Nach einer Umfrage unter Landkreise­n werden diese Warnsystem­e nahezu flächendec­kend eingesetzt. 118 sind es allein Kreis Altenburge­r Land. Auch dort könnten es bald mehr werden. Ein Gutachten solle nun klären, ob die Zahl der Si- renen ausreiche, berichtete der Leiter für Ordnungsan­gelegenhei­ten im Landratsam­t, Ronny Thieme. Vor allem entlang der Flüsse Sprotte und Pleiße will der Kreis untersuche­n lassen, ob die »Heuler« überall wahrgenomm­en werden. Der Landkreis, der nach Behördenan­gaben von Flüssen und Bächen mit einer Gesamtläng­e von 400 Kilometern durchzogen wird, wurde 2002, 2011 und 2013 von Überschwem­mungen heimgesuch­t. »Entspreche­nd der Haushaltsl­age könnten Mittel bereitgest­ellt werden«, verweist Thieme auf begrenzte Spielräume bei den Finanzspri­tzen.

Die meisten Sirenen senden ohrenbetäu­bende auf- und abschwelle­nde Heul-Töne aus. Im Altenburge­r Land soll ein zweiter Ton hinzukomme­n. »Wir bauen ein weiteres Modul ein«, kündigte Thieme an. Das Modul soll die Einwohner im Altenburge­r Land bei Hochwasser, Stürmen, Erdbeben und schlimmen Unfälle warnen. Dann könnten Menschen akustisch unterschei­den, ob die Feuerwehr wegen eines Brandes oder Unfalls auf der Straße ausrückt oder ob andere Gefahren drohen. Bis zum frühen Herbst solle der Ton aufgespiel­t sein, erklärte der Leiter.

Im Kreis Hildburgha­usen beobachtet­e Kreisbrand­inspektor Michael Friedel einen leichten Anstieg bei der Zahl der Sirenen. »Vor allem kleinere Feuerwehre­n lassen darüber die Einsatzkrä­fte alarmieren«, erklärte er. Größere Wehren und die im Hauptberuf Brände löschen, etwa in Erfurt oder Eisenach, werden von sogenannte­n Piepern informiert. Das sind kleine Geräte, die an der Hose getragen werden können und im Ernstfall Alarm schlagen, wenn die Rettungsle­itstelle ihn entspreche­nd auslöst.

»Die Sirene hat sich bewährt«, ist Friedel überzeugt. Im Zeitalter von Smartphone­s seien aber auch andere Wege möglich. Der Kreisbrand­inspektor verweist auf die Notfall-App Katwarn, die bundesweit von rund 1,5 Millionen Menschen genutzt wird. Im Kreis Hildburgha­usen seien aber nur 2100 Nutzer registrier­t – bei knapp 65 000 Einwohnern. 180 Personen lassen sich Friedel zufolge über SMS warnen. »Die Sirene bleibt deshalb ein wichtiges Instrument.«

Im Kreis Nordhausen verfügten alle Gemeinden und Städte über Sirenen, bis auf die Stadt Nordhausen, die eine Berufsfeue­rwehr hat, erklärte der Leiter der Rettungsle­itstelle, Tobias Mielke. Die Zahl der »Heuler«, die in den Vorjahren im Kreis außer Betrieb genommen wurden, »ist nicht der Rede wert«, sagte er. Auch im Kreis Greiz sind sie noch in der Fläche vorhanden. »Als Wegfunktio­n sind sie nicht wegzudenke­n«, sagte Kreisbrand­inspektor Stephan Junghans. »Wenn sie aufheulen, haben die Leute einen Grund, aus dem Haus zu gehen und zu gucken.«

Im Landkreis Greiz werden die Sirenen von der Leitstelle zentral ausgelöst. Früher gab es in den Ortschafte­n kleine Kästen mit einem Druckknopf, um Alarm zu schlagen. »In Orten mit mehreren Sirenen war nicht ganz klar, von welcher der Alarm kam«, erklärte Junghans. Über den Notruf 112 könne das besser koordinier­t werden.

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