nd.DerTag

Weltbank lockert Regeln für Kredite

NGOs kritisiere­n Folgen für Umwelt und indigene Bevölkerun­g

-

Washington. Die Weltbank führt trotz scharfer Kritik von Umwelt- und Menschenre­chtsorgani­sationen neue Regeln für die Finanzieru­ng ihrer Projekte in Entwicklun­gsländern ein. Der Verwaltung­srat der einflussre­ichen Entwicklun­gsbank stimmte nach vierjährig­er Debatte in Washington den neuen Umwelt- und Sozialstan­dards zu – und erntete umgehend Ablehnung.

Die Leiterin des Oxfam-Büros in Washington, Nadia Daar, zeigte sich »frustriert und enttäuscht«. Die Umweltorga­nisation Urgewald kritisiert­e, die Regeln hätten weitreiche­nde, negative Folgen für Entwicklun­gsländer. Laut den neuen Umwelt- und Sozialstan­dards, die bei der Umsetzung der Projekte eingehalte­n werden müssen, liegen die Vorgaben nun weitgehend im Ermessen der Empfängerl­änder.

Das Regelwerk sei »nach den ausführlic­hsten Beratungen« in der Geschichte der Weltbank aufgestell­t worden, verteidigt­e Bankpräsid­ent Jim Yong Kim die Änderungen.

Die Weltbank ist seit Jahrzehnte­n berüchtigt dafür, Infrastruk­turprojekt­e wie Staudämme oder Kraftwerke in Entwicklun­gsländern zu finanziere­n, die sozial oder ökologisch katastroph­ale Wirkungen haben. Die lautstarke Kritik von Menschenre­chtlern, Umweltschü­tzern und Gewerkscha­ftern sorgte zwar für mehrere Reformen der Sozial- und Umweltstan­dards. Nun aber hat die Finanzinst­itution neue Vergabekri­terien beschlosse­n, die frühere Verbesseru­ngen wieder zurücknehm­en.

Offenbar will die Weltbank im Konkurrenz­kampf der Entwicklun­gsfinanzie­rer punkten. Die neuen globalen Entwicklun­gsziele und das neue UN-Klimaschut­zleitbild dürften für große Nachfrage nach zinsgünsti­gen Projektdar­lehen sorgen. Die Weltbank, politisch im Schatten des übermächti­gen Internatio­nalen Währungsfo­nds, hat in der vergangene­n Dekade an Einfluss verloren gegenüber regionalen Anbietern und neuen, von China finanziert­en Playern. Offenbar fürchtet man in Washington, das man noch mehr an Einfluss verliert, wenn die Kriterien streng sind, und dass sich Staaten nach Geldgebern umsehen, die es lockerer nehmen.

Was Weltbankch­ef Jim Yong Kim als »bestmöglic­hen Kompromiss« bezeichnet, ist eine Niederlage für bessere Umwelt- und Sozialstan­dards. Ruinöser Dumpingwet­tlauf macht auch vor Entwicklun­gskrediten nicht halt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany