Ferienwohnung für 1250 Euro
Zweckentfremdungsverbot hat bisher kaum spürbare Auswirkungen
Das seit 1. Mai dieses Jahr gültige Verbot von Touristenunterkünften in Mietwohnungen wird nicht spürbar umgesetzt. »Das Verbot von Ferienwohnungen ist nur eine Ablenkung von der katastrophalen Wohnraumpolitik des Senats«, schimpft Stephan la Barré. Zehn der 15 Apartments, die er im Gebäude einer ehemaligen Filzfabrik in Moabit als Ferienwohnung vermietet, gelten seit Monatsbeginn als illegal zweckentfremdet. Damit will er sich nicht abfinden, seit Jahren kämpft er gegen das Verbot.
2013 hat la Barré die »Apartment Allianz Berlin« gegründet, inzwischen vereint die 62 Betreiber, die zusammen über 700 Ferienwohnungen anbieten. Man ist wild entschlossen, sich das Vermietungsgeschäft nicht durch Gesetze kaputtmachen zu lassen. »Wir haben investiert in Wohnungen zu einer Zeit, als das Land Berlin noch Wohnhäuser abgerissen hat«, sagt Claudia Dünckmann von der Allianz. Während anderes Gewerbe, das vor Inkrafttreten des Gesetzes sich in Wohnungen angesiedelt hat, Bestandsschutz genießt, gilt dieser für Ferienwohnungen nicht. »Wir fordern gleiches Recht für alle«, sagt Dünckmann.
Mit Unterstützung der Vermietungsplattform wimdu hat sie vor dem Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Verfasst wurde die Klageschrift vom ehemaligen Präsidenten des Berliner Verfassungsgerichtshofs, Helge Sodan. Da Ferienwohnungen nur 0,2 Prozent des Berliner Gesamtwohnungsbestands ausmachten, stünden die sich aus dem Gesetz ergebenden »schweren Belastungen« für die Vermieter in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Vorteilen für die Allgemeinheit, begründet Sodan. Ein Urteil wird für den 8. Juni erwartet.
Bis dahin haben sich einige Bezirke wie Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg ein Moratorium auferlegt. Bis zum ersten Urteil wollen sie keine weiteren Schritte gegen Ferienwohnungsbetreiber unternehmen, wenn diese klagen.
Nicht so in Mitte. »Alle Flüchtlinge und Obdachlosen könnten in den jetzt als Ferienwohnungen genutzten Julian Trautwein, Sprecher Airbnb Räumen untergebracht werden«, sagt der zuständige Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) und möchte so Relativierungen über die Bedeutung für den Wohnungsmarkt entgegentreten. Im April, kurz vor Ende der Über- gangsfrist, habe es einen massiven Ansturm auf Anträge zur Zweckentfremdung gegeben. Insgesamt fast tausend Anträge lägen nun in seinem Amt. Er benötige nicht nur mehr Sachbearbeiter, sondern auch mehr Juristen, um rechtssicher agieren zu können.
Wie viele Ferienwohnungen gibt es überhaupt? Die Schätzungen reichen von 9000 bis 25 000. Tatsächlich bei den Ämtern gemeldet wurden etwas über 6000, wovon Ende April rund 1000 wieder als Mietwohnungen zur Verfügung standen. Das Online-Gästezimmerportal Airbnb bereinigte vor dem Stichtag auch seine Datenbank, in dem es vornehmlich Großvermietern mit dutzenden Apartments die Verträge kündigte. »Wir wenden uns gegen in Berlin unerwünschte kommerzielle Betreiber«, sagt Pressesprecher Julian Trautwein. Trotzdem finden sich nach wie vor viele Angebote für die tageweise Vermietung ganzer Wohnungen. Das Unternehmen hat angekündigt, Anbieterdaten nicht an die Bezirksämter übermitteln zu wollen. Airbnb betont immer wieder, dass sich dank der Plattform viele Berliner etwas dazuverdienen können, um so Miete und Lebenshaltungskosten zu bestreiten.
Unzufrieden sowohl mit dem Gesetz als auch der Umsetzung sind die Aktivisten vom »Bündnis Zwangsräumung verhindern«. Unter anderem die Möglichkeit, eine Zweckentfremdung online zu melden, missfällt der Initiative. Außer einem »vergifteten Nachbarschaftsverhältnis« habe diese keine Folgen. Am Dienstag besetzten sie kurzerhand eine Ferienwohnung in Neukölln. Großanbieter »Aspire Berlin« gibt auf seiner Internetseite für seine Apartments nun einen monatlichen Mietpreis an. 1250 Euro soll da eine Ein-ZimmerWohnung in Neukölln kosten. Für den Mietmarkt ist das kein Gewinn.
»Wir wenden uns gegen in Berlin unerwünschte kommerzielle Betreiber«