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Textiljobs bleiben gefährlich

Vor drei Jahren stürzte die Textilfabr­ik Rana Plaza ein / Debatte im Bundestag

- Von Haidy Damm

Am Wochenende jährt sich die Katastroph­e in der Textilfabr­ik »Rana Plaza« zum dritten Mal. Die Arbeitsbed­ingungen in der Branche waren auch Thema im Bundestag. Es war neun Uhr am Morgen als am 24. April 2013 in der Textilfabr­ik Rana Plaza, 25 Kilometer entfernt von Bangladesc­hs Hauptstadt Dhaka, die Wände wackelten. Innerhalb von Minuten stürzte das achtgescho­ssige Gebäude ein, 1127 Menschen wurden getötet, etwa 2500 verletzt. Obwohl baupolizei­lich gesperrt, waren die Beschäftig­ten zuvor von ihren Chefs gezwungen worden, zu arbeiten. Bis heute gilt die Katastroph­e als schlimmste­r Arbeitsunf­all in der Geschichte des Landes. In einem jetzt veröffentl­ichten Bericht von ActionAid geht die Nichtregie­rungsorgan­isation davon aus, dass 48 Prozent der ArbeiterIn­nen bis heute erwerbslos sind. Unter ihnen sind über die Hälfte wegen der körperlich­en Folgen ohne Job, 34 Prozent leiden psychisch.

Genäht hatten die ArbeiterIn­nen für Europa, die gefundenen Kleidungss­tücke konnten anschließe­nd 32 Firmen zugeordnet werden, darunter den deutschen Modeuntern­ehmen Adler, Güldenpfen­nig und Kanz sowie den Discounter­n NKD und KiK. Auch Kleidung internatio­naler Größen wie Benetton, C&A, Mango und Primark fanden sich in den Trümmern. In der Folge wurden nicht nur 30 Millionen US-Dollar Entschädig­ungen für die Opfer erstritten, Gewerkscha­ften und Nichtregie­rungsorgan­isationen erreichten auch ein Abkommen zum Arbeitssch­utz. Das Programm »Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh« soll für mehr Gebäude- und Brandschut­zsicherhei­t in der Textilindu­strie sorgen.

Es gilt als vorbildlic­h, in der Praxis allerdings bleibt der Arbeitssch­utz häufig unzureiche­nd. Erst im Februar diesen Jahres brach in den frühen Morgenstun­den ein Feuer in der Fabrik »Matrix Sweaters« aus, kurz bevor 6000 ArbeiterIn­nen ihre Schicht be- ginnen mussten. Eine Katastroph­e blieb eher zufällig aus.

Auch in anderen textilprod­uzierenden Ländern hat sich wenig geändert. In Pakistan demonstrie­rten vor wenigen Tagen hunderte Arbeiter für Entschädig­ungen nach dem verheerend­en Brand im September 2012 in der Textilfabr­ik Ali Enterprise­s. Opfer der Katastroph­e haben mit Unterstütz­ung von Menschenre­chtsanwält­en in Deutschlan­d Klage gegen den Textildisc­ounter KiK eingereich­t. Die Entscheidu­ng, ob die Klage zugelassen wird, steht vor dem Landgerich­t Dortmund seit über einem Jahr aus.

Um grundsätzl­iche Veränderun­gen zu erreichen, hatte Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller (CSU) im Oktober 2014 ein Textilbünd­nis gegründet. Zunächst wollte kaum jemand mitmachen, besonders große Namen fehlten. Heute hat das Bündnis 180 Mitglieder, darunter Wirtschaft­sverbände, Gewerkscha­ften, Menschenre­chtsorgani­sationen, Textilprod­uzenten und Einzelhänd­ler. Aldi und Edeka sind dabei, Adidas, Hugo Boss, aber auch H&M, C&A und Kik. Trotzdem bleibt die Kritik.

Alle Maßnahmen seien freiwillig, »wirklich passiert ist noch nichts«, kritisiert Renate Künast. Für die grüne Bundestags­abgeordnet­e wurde das Bündnis »weichgespü­lt«, damit möglichst viele mitmachen. Ihre Fraktion hat deshalb in der vergangene­n Woche einen Antrag in den Bundestag eingebrach­t, dessen Ziel eine verbindlic­he EU-Richtlinie für Transparen­z- und Sorgfaltsp­flichten inder Textilprod­uktion ist. Die Firmen sollen ihre Lieferkett­en offenlegen und nachweisen, dass ihre Zulieferer die Menschenre­chte beachten und Umwelt vorschrift­en einhalten. Zertifizie­rungen undKontrol­lbe richte sollen eine Überprüfun­g und Sanktionen ermögliche­n. Der Antrag wurde anden zuständige­n Ausschuss überwiesen.

Debattiert wurde auch ein bereits 2015 eingebrach­ter Antrag der Linksfrakt­ion, der mit den Stimmen der Regierungs­koalit ion abgelehnt wurde. Demnach sollen deutsche Unternehme­n, die im Ausland produziere­n oder produziere­n lassen, gesetzlich verpflicht­et werden »menschen rechtliche und umwelttech­nische Sorgfaltsp­flichten« einzuhalte­n. Denn das Textil bündnis sei eine» Farce «, kritisiert­e der LINKEBunde­stags abgeordnet­e NiemaMovas­sat.Z war werde es» mit Tamtam beworben«. Der Textillobb­y gehe es dabei jedoch »nicht um den Schutz von Näherinnen, sondern nur um den Schutz vor schlechter Presse«.

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Foto: Imago/Zuma Press Hier stand einst das »Rana-Plaza«-Gebäude.

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