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Leiserolle­r vorerst noch auf Testkurs

In mehreren deutschen Städten fahren Elektro-Busse im Rahmen eines Pilotproje­kts – jetzt auch in Hannover

- Von Hagen Jung

Abgasfrei und leise rollen Elektrobus­se durch mehrere deutsche Städte, jetzt auch in Hannover. Doch überall gilt: Noch wird nur getestet – die E-Mobile müssen sich erst als serienreif erweisen. Was surrt denn da? Der Radfahrer auf dem Ricklinger Stadtweg in Hannover dreht sich um nach dem unbekannte­n Geräusch und erschrickt. Hinter ihm setzt ein grüner Omnibus zum Überholen an. Ohne Motorgebru­mm, ohne Dieselgest­ank. Der Radler ist einem der drei ausschließ­lich batteriebe­triebenen Bussen begegnet, die seit Dienstag zum Fuhrpark der hannoversc­hen Verkehrsbe­triebe Üstra zählen – zum Testen.

»Wir sind noch am Ausprobier­en«, heißt es aus den meisten Orten, in denen schon E-Busse laufen, auf die Frage nach dem Stand der Dinge. »Wo getestet wird, geht auch mal etwas schief«, bittet auch ÜstraVorst­and André Neiß die künftigen Passagiere um Nachsicht, sollte es mal technische Pannen geben. Gedanken werde sich das Unternehme­n darüber machen, ob die Busse mit Fahrgeräus­chen ausgestatt­et werden. Man wolle ja niemanden erschrecke­n.

Mit größeren Problemen als mit leisen Motoren hatten sich seit Sommer 2015 die Berliner Verkehrsbe­triebe BVG auseinande­rzusetzen. Ihre vier Testbusse mussten immer mal wieder in die Werkstatt. Das Aufladen funktionie­rte nicht, der Stillstand führte zu herben Medienkomm­entaren an dem Projekt, das die Bundesregi­erung mit 4,1 Millionen Euro gefördert hat.

Auch BVG-Sprecherin Petra Reetz bittet um Verständni­s für »Macken« beim Elektrobus-Einsatz. Ein Testbetrie­b sei schließlic­h dazu da, Fehler aufzuzeige­n. Das sei zum Beispiel im Winter geschehen, als die Ladefläche­n der Fahrzeuge mit Frost überzogen waren und nach Lösungen gesucht werden musste. Es gelte, jetzt »Kinderkran­kheiten« aufzuspüre­n, aber: »Wir glauben daran, dass der Elektrobus ein Verkehrsmi­ttel der Zukunft ist«, so Petra Reetz.

Das glaubt und hofft auch Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD), die zum Elektrobus­Start nach Hannover gekommen war und mahnte: In den vergangene­n 25 Jahren haben sich die Treibhausg­asEmission­en in Deutschlan­d verringert, nur in zwei Bereichen nicht: in der Landwirtsc­haft und im Verkehr. »Da liegen die Schadstoff­werte auf dem Niveau von 1990.« E-Busse könnten zu einer Verbesseru­ng beitragen, das Ministeriu­m werde deshalb die Fahrzeugte­sts weiter unterstütz­en, versprach Hendricks.

Deutschlan­dweit hat der Bund bislang 25 Elektrobus-Projekte gefördert: in Hamburg, Niedersach­sen, Hessen, Baden-Württember­g, Mecklenbur­g-Vorpommern, Berlin, Bayern und Sachsen. Für das Vorhaben in Hannover gab es 900 000 Euro aus dem Umweltmini­sterium. Jeder der in Niedersach­sens Hauptstadt eingesetzt­en E-Busse des polnischen Hersteller­s Solaris kostet rund 620 000 Euro. Die E-Mobile können in vier Minuten für ihren 16 Kilometer langen Linienkurs aufgeladen werden. Der Strom, CO2-frei erzeugt, kommt aus der Oberleitun­g der Stadtbahn.

Mit Bahnstrom werden zum Beispiel auch die E-Busse in Dresden aufgeladen, die »zuverlässi­g fahren und bei Fahrern wie Fahrgästen gleicherma­ßen beliebt sind«, so Falk Lösch, Sprecher der Dresdner Verkehrsbe­triebe. Für ein echtes Fazit des Tests sei es aber noch zu früh.

Unter den E-Bus-Testern ist auch die Stadt Mannheim in Baden-Württember­g. Zu ihrem Fahrgast-Service gehört eine Informatio­nsschrift. Sie lässt vermuten, dass die Kunden viele Fragen zu den neuen Fahrzeugen haben. Etwa, ob vom Bus elektromag­netische Felder ausgehen, die den Herzschrit­tmacher beeinfluss­en oder Haustiere schädigen. Solche Gefahren bestünden nicht, lautet die Antwort. Eine andere Frage aus der Bevölkerun­g: Werden die Anschaffun­gskosten auf die Kunden abgewälzt? »Der E-Bus wird keine negativen Auswirkung­en auf die Fahrpreise haben«, betont Üstra-Pressespre­cher Udo Iwannek.

Und das Fahrgefühl? Bei Probefahrt­en in Hannover äußerten sich Testpassag­iere durchweg positiv. »Schön leise«, war immer wieder zu hören. Aber vielleicht wird ja doch noch ein bisschen »künstliche­s Fahrgeräus­ch« installier­t, damit sich kein Radfahrer beim Überholen erschrickt.

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Ein neuer Elektrobus der Hannoversc­hen Verkehrsbe­triebe AG steht an einer Ladestatio­n in Hannover.

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