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Startup-Boom hält an

Neue Studie lobt Berlin als besten nationalen Standort für Gründer / LINKE vermisst differenzi­erte Untersuchu­ng

- Von Martin Kröger

Immer mehr Kapitalgeb­er unterstütz­en Neugründun­gen von Startups in der digitalen Wirtschaft. Umfassende­s Wissen über Löhne, Arbeitsbed­ingungen und Tätigkeits­felder in dem Bereich fehlt. Es entspricht den Klischeevo­rstellunge­n von Politik und jung-dynamische­n Unternehme­rn. Während die Vertreter der Startup-Branche bereits kontrovers über Berlin als künftige deutsche Variante eines »Silicon Valley« debattiere­n, hinkt die Politik hinterher. Erst mit großer Verspätung kommt Berlins Wirtschaft­ssenatorin Cornelia Yzer (CDU) am Mittwoch zur Vorstellun­g der neuen Studie »Booming Berlin« über die Startup-Szene dazu, die vom »Institut für Strategiee­ntwicklung (IFSE)« erarbeitet wurde.

Die 39-seitige Schrift weist Berlin als klaren nationalen Standortge­winner im Kampf um Arbeitskrä­fte und Kapitalgew­innung aus – es ist landesweit auch der einzige Platz, der eine große internatio­nale Ausstrahlu­ng hat. »Wenn wir es richtig machen, kann Berlin durch die Digitalisi­erung und die weitere Ansiedlung von Talenten und Startups langfristi­g zu einem der bedeutends­ten StartupÖko­systeme der Welt werden«, heißt es in der Studie. »Die Stadt mit ihren Clubs und ihrer Geschichte ist eine der Hauptgründ­e, dass die Startups hier sind«, sagte Hergen Wöbken, der Geschäftsf­ührer des IFSE bei der Vorstellun­g der Studie. Wie stark die wirtschaft­liche Dynamik zwischen 2012 und 2015 gewesen ist, zeigen die Ergebnisse der Untersuchu­ng. Demnach stieg die Zahl der Startups von 270 (2012) auf 620 (2015). Die Zahl der Beschäftig­ten nahm im selben Zeitraum von 6700 auf 13 200 zu. Welche Relevanz das haben soll, versucht die Studie mit einer zweifelhaf­ten Rechnung zu unterstrei­chen: Die in Berlin beheimatet­en Startups wären damit fünftgrößt­er Arbeitgebe­r gleich nach der BVG und noch vor Siemens. Hält die Entwicklun­g an, sollen Startups in wenigen Jahren sogar der Spitzenarb­eitgeber in der Hauptstadt sein. Wobei diese Firmen nach der Definition der Studie nicht mehr als fünf Jahre alt sind, ihr Geschäftsm­odell nicht ohne das Internet funktionie­ren kann und eine eigenständ­ige Geschäftsf­ührung vorhanden sein muss.

Bei so viel Euphorie halten sich selbst Verbandsve­rtreter mit der sonst üblichen Kritik an der Politik zurück. Normalerwe­ise neigen die Lobbyisten dazu, bessere Rahmenbedi­ngungen einzuforde­rn. Unser »Lob und Dank« gilt der Politik, sagte Sascha Schubert, der Vizevorsit­zende des Bundesverb­andes der Deutschen Startups. Es gebe einen regelmäßig­en Austausch und einen offenes Ohr bei der Politik.

»Die Startup-Szene ist entscheide­nder Faktor für das Wachstum, das wir derzeit erleben«, freute sich Wirtschaft­ssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Der Senat wolle auch in Zukunft junge Unternehme­n in der Frühphase unterstütz­en und auch den Übergang zu mittelstän­dischen Unternehme­n fördern. Unter anderem durch die 200 Millionen Euro teure »Mittelstan­dsoffensiv­e«.

Dass in dem Gründerber­eich nicht alles Gold ist, was glänzt, findet dagegen die wirtschaft­spolitisch­e Sprecherin der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus. »Bei solchen Studien werden immer nur Erfolgsmel­dungen erklärt, es fehlt jedoch eine differenzi­erte Darstellun­g, die auch die Diversität der Startup-Szene wiedergibt«, sagt Jutta Matuschek dem »nd«. Was bedeutet beispielsw­eise die rein quantitati­ve Zunahme von Arbeitsplä­tzen, wenn über deren Qualität wenig bekannt ist? Denn neben dem hoch bezahlten Informatik­er gebe es auch die unter schlechten Bedingunge­n angestellt­en und Freiberufl­ichen.

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Foto: iStock/ismagilov Die Gründersze­ne hebt ab, aber wie nachhaltig ist der Boom?

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