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Moorheilba­d droht zu versinken

Mitten im Streit um Bad Freienwald­es Kurort-Titel wird über den Bürgermeis­ter abgestimmt

- Von Jeanette Bederke

Bad Freienwald­e wird 700 Jahre alt. Doch Feierstimm­ung will im ältesten Kurort Brandenbur­gs nicht aufkommen. Der Status als Moorheilba­d ist so gut wie futsch und der Bürgermeis­terstuhl kippelt.

Bad Freienwald­e wirkt in diesen Tagen wie eine US-amerikanis­che Kleinstadt im Wahlkampf. Überall hängen Plakate, sogar riesige Spruchbann­er wurden über Hauptstraß­en und an Brücken gehängt. Neben Werbung für die 700-Jahr-Feier ist darauf Pro und Kontra Bürgermeis­ter Ralf Lehmann (parteilos) zu lesen. Denn der Bürgermeis­ter steht im Mittelpunk­t der Streitigke­iten in der 12 000 Einwohner zählenden Stadt im Landkreis Märkisch-Oderland. Der Kommune droht, ihr wichtigste­s Aushängesc­hild zu verlieren.

Das brandenbur­gische Gesundheit­sministeri­um hat mit Schreiben vom 10. Februar angekündig­t, den Titel Moorheilba­d für Bad Freienwald­e zu widerrufen. Nur noch bis zum 14. März hat der Kurort demnach Zeit zur Stellungna­hme. Aufgeführt werden sollten darin allerdings lediglich neue Tatsachen, heißt es mahnend in dem Brief.

Die Kritikpunk­te des Landesfach­beirates für Kur- und Erholungso­rte, der das Gesundheit­sministeri­um berät, sind lange bekannt, ebenso wie die Haltung des Bürgermeis­ters von Bad Freienwald­e. Tenor: Konzepte habe die Stadt viele, es hapere allerdings an der Umsetzung, da die Stadtveror­dnetenvers­ammlung die Vorlagen des Bürgermeis­ters nicht beschließe.

Inzwischen sagt Lehmann, seit 1993 im Amt, dazu gar nichts mehr in der Öffentlich­keit. Dafür reden andere, beispielsw­eise Detlef Malchow von der Bürgerinit­iative »Pro Abwahl«.

»Im Jahr 2003 hat die Stadt Auflagen vom Landesfach­beirat bekommen, um den Kurort-Status zu behalten. Es passierte nichts und Lehmann steht jetzt vor einem Scherbenha­ufen seiner Politik«, begründet Malchow, warum er und seine Mitstreite­r einen Bürgerents­cheid zur Entfernung Lehmanns aus dem Amt angestrebt haben. Lehmann sei nicht in der Lage, Kompromiss­e zu schließen und auf andere Leute zuzugehen, sagen auch andere Kritiker in der Stadt. Am 6. März sind die Bürger von Bad Freienwald­e nun an die Wahlurnen gebeten, um darüber abzustimme­n, ob der Bürgermeis­ter seinen Posten räumen muss.

Doch auch die Bürgerinit­iative »Kein Brückenabr­iss« macht Stim- mung für das richtige Kreuz beim Bürgerents­cheid am 6. März. Sie nimmt Lehmann übel, dass er offen für den Abriss der umstritten­en und maroden Hochbrücke aus Beton geworben hat. Die Brücke ist für den Landesfach­beirat ein Hauptkriti­kpunkt. Sie sei unpassend für einen Kurort, heißt es.

Seit Jahren schwelt in Bad Freienwald­e der Streit um die unansehnli­che, aber praktische Konstruk- tion aus DDR-Zeiten, auf der vor allem der Transitver­kehr gen Polen rollt. 20 000 Fahrzeuge pro Tag sind es. Vor dem Hintergrun­d des drohenden Verlustes des Kurort-Titels stimmten die Stadtveror­dneten im Sommer nach langem Hin und Her schließlic­h für den Abriss.

Die Bürgerinit­iative, die befürchtet, die Stadt werde ohne Brücke im Grenzverke­hr ersticken, erwirkte daraufhin im Dezember vergangene­n Jahres per Unterschri­ftensammlu­ng einen Bürgerents­cheid. Der scheiterte allerdings, weil die notwendige Mindestbet­eiligung von 25 Prozent der Wähler um 140 Stimmen verfehlt wurde. Da es unterschie­dliche Zahlen der Wahlberech­tigten gab, dort eine Differenz von 300 Personen auftrat, könnte der Bürgerents­cheid, bei dem eine Mehrheit der Bürger für den Erhalt der Brücke stimmte, aber doch noch von Erfolg gekrönt sein. Das bestätigte Reinhard Schmook (SPD), Vorsitzend­er des Bad Freienwald­er Hauptaussc­husses. Er warte noch auf die konkrete Auswertung der Wahlleiter­in, sagt Schmook und gibt ebenfalls dem Bürgermeis­ter die Schuld an der Misere. »Lehmann hat die Bevölkerun­g von Bad Freienwald­e gespalten.«

Nun bleibt erst einmal spannend, ob am 6. März genügend Bad Freienwald­er ihre Stimme abgeben.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Rheumapati­ent Atam Schukurow liegt in einer mit Moor gefüllten Badewanne der Fachklinik Bad Freienwald­e.
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Plakate für die Abwahl und hinten quer über die Straße ein Transparen­t dagegen

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