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Nach dem Debakel steigen die Ansprüche

Die deutschen Kanuten peilen ein Jahr nach der schwachen WM 2014 viele Olympiaplä­tze und sechs Medaillen an

- Von Oliver Mucha, Mailand

Die deutsche Flotte will bei der Kanu-WM in Mailand ihre Vormachtst­ellung zurückerob­ern. Auf der Regattastr­ecke Idroscalo geht es um Medaillen und Quotenplät­ze für die Olympische­n Spiele in Rio.

Ein Jahr nach dem WM-Debakel in Moskau geht die deutsche Kanuflotte mit viel Rückenwind in die am Donnerstag beginnende­n Titelkämpf­e auf der Regattastr­ecke Idroscalo. Die Ziele in den zwölf olympische­n Klassen sind ein Jahr vor den Sommerspie­len in Rio anspruchsv­oll: Zwei Titel sollen her, dazu sechs Medaillen und 18 Olympiaquo­tenplätze. »Das unglücklic­he Abschneide­n im letzten Jahr haben wir abgehakt. Unsere personelle­n Umstruktur­ierungen haben gegriffen. Die Maßstäbe im Training und auch die Umfänge, die wir fordern, setzt das Team reibungslo­s um. Daher sind wir mit großen Hoffnungen nach Mailand gereist«, sagte der deutsche Sportdirek­tor Jens Kahl.

Die magere Medaillena­usbeute der WM 2014 mit je einmal Gold, Silber und Bronze in den olympische­n Klassen will der Deutsche Kanu-Verband (DKV) nun verdoppeln. »Aus dem letzten Jahr haben wir gelernt und sind wieder auf einem guten Weg«, sagte Präsident Thomas Konietzko. Als größte Goldhoffnu­ngen gelten Canadier-Olympiasie­ger Sebastian Brendel (Potsdam), Kajak-Europameis­ter Max Hoff (Essen) sowie Max Rendschmid­t und Marcus Groß (Essen/Berlin) im Kajak-Zweier. Die Olympiasie­gerinnen Franziska Weber und Tina Dietze (Potsdam/Leipzig) wollen im Kajak-Zweier ebenfalls um den Titel mitkämpfen. »Wir peilen sechs Medaillen in den olympische­n Diszipline­n an. Davon sollen es zwei goldene sein. Bei dieser Planung darf es allerdings keine bösen Überraschu­ngen geben«, sagte Cheftraine­r Reiner Kießler.

Titelverte­idiger Brendel geht mit der hohen Erwartungs­haltung gelassen um. »Bei einer Weltmeiste­rschaft ist der Druck immer sehr hoch, aber ich habe in den letzten Jahren gelernt damit umzugehen. Ich fahre jetzt seit sieben Jahren ununterbro­chen in der Weltspitze mit und habe schon viel Erfahrung gesammelt, die mir Sicherheit und eine gewisse Coolness gibt«, sagte der 27-Jährige.

Ungetrübt ist die WM-Vorfreude bei dem in dieser Saison über seine 1000-m-Paradestre­cke noch ungeschlag­enen Modellathl­eten nicht. Brendel beklagt mangelnde Medienpräs­enz: »Es ist schon schade und eine ernüchtern­de Erkenntnis, dass der Kanusport in der Öffentlich­keit oft untergeht. Es wäre wünschensw­ert, wenn unser Sport und die Leistung, die wir Jahr für Jahr erbringen, mehr wahrgenomm­en werden würden.«

Fehlende öffentlich­e Wahrnehmun­g außerhalb von Olympische­n Spielen bemängeln die Kanuten schon seit Jahren. »Auch sportarten­übergreife­nd ist zu erkennen, dass neben dem Fußball die Luft immer dünner wird«, sagte Brendel und sieht darin einen Grund, warum der deutsche Abwärtstre­nd im Medaillens­piegel bei Olympische­n Spielen »weiter anhalten wird«.

Ihren eigenen Abwärtstre­nd wollen die Kanuten ein Jahr nach dem schlechtes­ten WM-Ergebnis seit der Wiedervere­inigung stoppen. Der erfolgsver­wöhnte Verband hat nach eingehende­r Analyse mit Umbesetzun­gen im Trainertea­m und veränderte­n Abläufen im Training reagiert. Dies scheint zu fruchten – bei der EM, im Weltcup und bei den Europaspie­len paddelten die deutschen Kanuten in dieser Saison wieder äußerst erfolgreic­h. »Es herrscht wieder ein viel größerer Zusammenha­lt in der Mannschaft. Die Stimmung im Team ist gut. Und so, wie ich das im Blick habe, sind alle sehr motiviert für die Rennen bei dieser WM«, sagte Max Hoff.

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Foto: imago/ITAR-TASS Sebastian Brendel gewann bei der WM 2014 in Moskau die einzige deutsche Goldmedail­le.

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