nd.DerTag

Warten auf das Wort des Chefs

Bremen will Kooperatio­n mit Nachbarn stärken – nur wie?

- Von Alice Bachmann, Bremen

Ist Bremens neuer Bürgermeis­ter, Carsten Sieling (SPD), der neue Besen, der gut kehrt? Und der deshalb erst mal vorsichtig beäugt wird? Oder hat er sich Anfang dieser Woche einfach etwas unbedarft zu einem heiklen Thema geäußert, als er in tiefster Ferienzeit über seinen im September anstehende­n Besuch beim niedersäch­sischen Ministerpr­äsidenten Stephan Weil (SPD) sprach? Bremen, so Sieling, wolle die Kooperatio­n mit seinem großen Nachbarn Niedersach­sen verstärken.

Auf Nachfragen des »nd«, ob es denn konkrete, über die einschlägi­gen Formulieru­ngen des kaum sechs Wochen alten rot-grünen Koalitions­vertrages hinaus gehende Gesprächst­hemen zwischen Sieling und Weil geben werde, kamen jedenfalls sehr unterschie­dliche Reaktionen. Vielleicht liegt es daran, dass nach der Bürgerscha­ftswahl vom 10. Mai 2015 der rot-grüne Senat im Grunde noch gar nicht mit der Arbeit begonnen hat. Denn kaum waren Regierung und Landtag konstituie­rt, da ging es schon in die Sommerpaus­e.

Es kann aber auch daran liegen, dass auf Seite 130 des Koalitions­vertrag neben den Kooperatio­ns-Themen Häfen, Offshore, Justiz, Verwaltung, überregion­aler Verkehr auch Begrifflic­hkeiten wie »Synergie-Effekte«, »Doppelstru­kturen abbauen« und »Bündelung« auftauchen. Wobei eine »Bündelung« es in sich hat: Die Koordinier­ung und Außenvertr­etung der Bremer Kooperatio­nen innerhalb Norddeutsc­hlands werden in der Senatskanz­lei gebündelt – sind also Chefsache.

Dieser Satz gibt jedem Ausspruch Sielings zu jenem Sachgebiet besonderes Gewicht. Und da will jetzt niemand einen Fehler machen – schließlic­h sind die neue Senatsrieg­e und ihr Chef sowie deren Sprecher und Sprecherin­nen noch kein eingespiel­tes Team.

Eine Ausnahme bilden Jens Tittmann und sein Dienstherr, der grüne Umwelt-, Bau- und Verkehrsse­nator Joachim Lohse. Tittmann teilte mit, es habe noch keinen Sieling-Lohse-Austausch gegeben. Und in Sielings Interview seien auch keine Themen das Lohse-Haus betreffend zu finden. Dann allerdings wurde vom Ressort als einziges mögliches gemeinsame­s Projekt die Autobahnau­ffahrt Achim genannt, was ein bisschen verschnupf­t wirkte. Die niedersäch­sische Stadt Achim hat etwa 32 000 Einwohner und beginnt an Bremens Landesgren­ze.

Auch Rose Gerdts-Schiffler und ihr Dienstherr Innensenat­or Ulrich Mäurer (SPD) arbeiten schon länger zusammen. Gerdts-Schiffler erklärte, das Ressort sei bereits »im Geschäft« der Bremen-Niedersach­sen-Kooperatio­nen, etwa bei der Beschaffun­g von Polizeiuni­formen und der Kriminalit­ätsbekämpf­ung. Es werde geprüft, wie die Kooperatio­nen sich lohnend ausweiten lassen.

Werner Wick von der Senatskanz­lei wiegelt ab: Es handele sich im Grunde bei dem anvisierte­n Treffen der beiden Landeschef­s um den Antrittsbe­such Sielings. Vielleicht könne auch von einem »qualifizie­rten« Antrittsbe­such gesprochen werden. Aber es gebe bereits viele Kooperatio­nen zwischen beiden Ländern und zudem regelmäßig­e gemeinsame Kabinettss­itzungen. Die allerdings nur ein, höchstens zwei Male pro Jahr wegen des riesigen Aufwands.

Matthias Lüdecke, der neue Referent für Öffentlich­keitsarbei­t der SPD-Fraktion, betonte in seiner schriftlic­hen Antwort, die Fraktion begrüße es, dass Sieling so zügig das Gespräch mit seinem niedersäch­sischen Kollegen aufnehme. Das Gespräch habe seine Basis in der Koalitions­vereinbaru­ng, auch die von Sieling genannten Bereiche seien dort verankert.

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