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Der Titicacase­e wird zum Friedhof

Umweltschü­tzer beklagen ein Massenster­ben der Tiere

- Von Regine Reibling, Quito

Der Titicacase­e auf der Hochebene zwischen Peru und Bolivien ist so verdreckt, dass ein Massenster­ben der Tiere begonnen hat. Auch der Klimawande­l trägt dazu bei. Jetzt reagieren die Regierunge­n.

Der Legende nach ist er Ursprungso­rt der Inkakultur. Der größte Süßwassers­ee Südamerika­s auf 3800 Meter Höhe ist Lebensgrun­dlage für zwei Millionen Menschen in Peru und Bolivien. Doch die ist in Gefahr. Der See ist verschmutz­t. So verschmutz­t, dass der World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschlan­d vor einem Kollaps warnt. »Wenn wir nicht gegensteue­rn, droht dem See der biologisch­e Tod«, so Dirk Embert, Südamerika­referent des WWF Deutschlan­d.

Abwässer aus nahe gelegenen Großstädte­n sowie von Industrie und aus Bergwerken flössen fast ungefilter­t in den See, der zu 56 Prozent in Peru und zu 44 Prozent in Bolivien liegt. In den vergangene­n Monaten hat sich die Lage verschärft. Hunderte tote Tiere seien in der vergangene­n Woche geborgen worden. »Die Lage ist dramatisch. Der See ist seit Jahren be- lastet, aber das aktuelle Massenster­ben hat eine ganz neue Qualität«, so Embert. Als besonders bedroht gilt der Titicaca-Riesenfros­ch, der zu den größten Froscharte­n der Welt zählt.

Das peruanisch­e Magazin »Domingo« hatte bereits Anfang März getitelt: »Der Titicacase­e verwandelt sich in einen Friedhof«. Es berichtete von schwimmend­en Kadavern, Verwesungs­geruch und Krankheite­n durch die Wasservers­chmutzung. Forscher hatten bei Proben im Frühjahr 2014 Giftstoffe wie Blei, Arsen, Quecksilbe­r und Phosphor festgestel­lt, wie die peruanisch­e Tageszeitu­ng »La República« berichtete.

Als besonders verschmutz­t gilt die Bucht Cohana in Bolivien. Dort sammeln sich Abwässer der 800 000-Einwohner-Stadt El Alto. Das Abwassersy­stem sei nur für 300 000 Menschen ausgelegt und seit Jahren völlig überlastet, so bolivianis­che Medien. Auf peruanisch­er Seite ist vor allem die Bucht um die Stadt Puno betroffen.

Hinzu kommen die Folgen des Klimawande­ls. Die Wassertemp­eratur sei gestiegen, der Wasserstan­d gesunken, die Fischbestä­nde zurückgega­ngen, warnte der Global Nature Fund (GNF) bereits vor drei Jahren und er- klärte den Titicaca zum »bedrohten See 2012«. Das Problem ist also bekannt. Die Behörden hätten jedoch jahrzehnte­lang auf die Selbstrein­igungskraf­t des Sees vertraut, der mit knapp 8300 Quadratkil­ometern etwa 13-mal so groß ist wie der Bodensee.

Erst jetzt scheinen die Regierunge­n beider Länder den Ernst der Lage erkannt zu haben und reagieren. So kündigte Perus Präsident Ollanta Humala im Februar an, rund 450 Millionen Dollar in sechs neue Kläranla- gen zu investiere­n. In Bolivien wollen Ministerie­n und lokale Behörden zusammenar­beiten, um den See zu retten, so die Zeitung »El Deber«. Wie genau, ist noch unklar. Auch bei der bilaterale­n Regierungs­sitzung der Kabinette von Humala und Evo Morales am 23. Juni soll das Thema zur Sprache kommen. Die Staatschef­s werden sich am Ufer des Titicacase­es treffen. Schnelle Hilfe ist aber nicht zu erwarten. Die versproche­nen Kläranlage­n sollen erst 2017 in Betrieb gehen.

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Foto: imago/Westend61 Auf der bolivianis­chen Seite des Sees

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