nd.DerTag

Anschlag auf Flüchtling­sheim

Neonazis setzten Abfallcont­ainer neben noch unbewohnte­m Gebäude in Wünsdorf in Brand

- Von Andreas Fritsche

Eine aufmerksam­e Polizeistr­eife sorgte dafür, dass die Flammen in der Nacht zum Sonnabend nicht auf das Haus in Wünsdorf übergriffe­n.

Auf eine geplante Flüchtling­sunterkunf­t an der Hauptallee in Wünsdorf ist in der Nacht zum Sonnabend ein Anschlag verübt worden. Die Täter setzten neben dem Gebäude drei Abfallcont­ainer mit Papier, Restmüll und Wertstoffe­n in Brand. Die Giebelseit­e wurde durch die Flammen mit Ruß verschmutz­t. Da Polizisten den Brandherd aber schnell mit Feuerlösch­ern bekämpfen konnten, griffen die Flammen nicht über.

Als Tatverdäch­tige wurden zwei 23 und 32 Jahre alte Männer festgenomm­en, die nach Angaben der Polizei zur rechtsextr­emen Szene gehören und bereits mehrfach durch Straftaten aufgefalle­n sind. Sie befinden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß. Die Staatsanwa­ltschaft habe keine ausreichen­den Gründe für einen Haftantrag gesehen, hieß es zur Begründung.

Die Eisenhütte­nstädter Erstaufnah­mestelle des Landes Brandenbur­g für Flüchtling­e platzt aus allen Nähten. Darum ist ein Verwaltung­szentrum in Wünsdorf als weitere Außenstell­e ins Auge gefasst. Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) hatte die Anwohner im April darüber informiert, dass die Außenstell­e Anfang 2016 für zunächst 500 Flüchtling­e in Betrieb genommen werden könnte. Mitte 2017 könnte der Ausbau mit einer Kapazität von rund 1200 Plätzen abgeschlos­sen sein.

Seitdem diese Absicht bekannt ist, sind in der Gegend vermehrt Polizeistr­eifen unterwegs. Außerdem sind Wachschütz­er vor Ort. In der Nacht zum Sonnabend – gegen 0.50 Uhr – wurden zwei Polizisten aufmerksam auf einen Kleinwagen, der nur 100 Meter entfernt von dem um diese Uhrzeit verwaisten Gebäudekom­plex parkte. Die Beamten wollten die Fahrzeugin­sassen kontrollie­ren. Beim Ausreißver­such blieb der Pkw in einem Sandhaufen stecken und der 32-jährige Fahrer flüchtete zu Fuß in den Wald, wo er auch mit Hilfe eines Polizeihub­schraubers nicht entdeckt werden konnte. Der Mann wurde aber nachmittag­s in seinem Wohnort festgenomm­en, sein 23-jährigen Beifahrer sofort am Tatort.

Bei der Durchsuchu­ng des Autos fanden die Polizisten illegale polnische Feuerwerks­körper, Streichhöl­zer, Brandbesch­leuniger und Plakate mit fremdenfei­ndlichen Parolen. Herbeigeru­fene Kollegen bemerkten den Feuerschei­n. So kam es, dass die Beamten den Brand umgehend löschen konnten.

»Unsere Polizei hat wieder einmal hervorrage­nd gearbeitet«, lobte Innenminis­ter Schröter. Der Aufmerksam­keit der Beamten sei es zu verdanken, »dass kein größerer Schaden entstanden ist«. Schröter versprach: »Unsere Polizei wird konsequent gegen diesen braunen Sumpf vorgehen.«

Carsten Preuß verurteilt­e die »schändlich­e Tat«. Preuß ist Links- fraktionsc­hef in der Stadt Zossen, zu der Wünsdorf gehört, und aktiv in der mehrfach ausgezeich­neten Bürgerinit­iative »Zossen zeigt Gesicht«. Die Bürgerinit­iative erlangte traurige Berühmthei­t durch den neofaschis­tischen Brandansch­lag, der im Januar 2010 ihr Haus der Demokratie zerstörte – samt einer dort gezeigten Ausstellun­g über das jüdische Leben in der Stadt. Braunes Gedankengu­t habe »keinen Platz in unserer freiheitli­chen Gesellscha­ft«, betonte Preuß. »Die Menschen in Zossen lassen sich durch die Provokatio­nen, die aus dieser Tat sprechen, nicht beirren.«

Die Linksfrakt­ion verwies darauf, dass die Aufnahme von Flüchtling­en in Zossen »sehr gut« funktionie­re. In verschiede­ne Vereine und Initiative­n seien diese Menschen einbezogen. Durch zivilgesel­lschaftlic­hes Engagement – beispielsw­eise tage regelmäßig der Runde Tisch Flüchtling­shilfe Zossen – werde die Integratio­n »weiterhin unbeirrt erfolgreic­h stattfinde­n«.

 ?? Foto: Polizeiins­pektion Teltow-Fläming/dpa ?? Hinter einem Absperrban­d an der geplanten Flüchtling­sunterkunf­t in Zossen
Foto: Polizeiins­pektion Teltow-Fläming/dpa Hinter einem Absperrban­d an der geplanten Flüchtling­sunterkunf­t in Zossen

Newspapers in German

Newspapers from Germany