nd.DerTag

Utopie von der grünen Stadt

Architekte­n und Ingenieure fordern nachhaltig­e Maßnahmen im Gebäudebes­tand

- Von Mona Grosche

Energetisc­he Gebäudesan­ierung war das zentrale Thema auf dem »Baumeister­tag«. Der Bund Deutscher Baumeister, Architekte­n und Ingenieure (BDB) hielt ihn am Wochenende in Halle an der Saale ab.

Ein paar Schritte vom Bahnhof ins Zentrum von Halle an der Saale genügen, um aktuelle Statistike­n bestätigt zu sehen: Die Mehrzahl der Gebäude in Deutschlan­d ist mehr als 35 Jahre alt – und gerade mal fünf Prozent aller Bauten entspreche­n den Anforderun­gen der EnEV (Energieein­sparverord­nung).

Hier muss etwas geschehen, wenn die Bundesregi­erung, wie angekündig­t, den CO2-Ausstoß bis 2020 um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 senken will. Schließlic­h entfällt fast die Hälfte des Energiever­brauchs hierzuland­e auf den Gebäudeber­eich. Doch angesichts einer Sanierungs­rate, die bei etwa einem Prozent jährlich stagniert, scheint das Ziel eher utopisch zu sein.

Dieses Problem war ein zentrales Thema beim »Baumeister­tag«, den der BDB vom 14. bis zum 16. Mai in Halle an der Saale abhielt. »Bauen – innovativ und grün« war nicht nur das Motto des Kongresses des bundesweit größten Berufsverb­andes von Architekte­n und Bauingenie­uren, sondern bestimmt nach dem Willen der Delegierte­n als Leitgedank­e dessen Arbeit für das Jahr 2015 entscheide­nd mit. Schließlic­h möchte man die klimapolit­ischen Ziele der Bundesregi­erung von Expertense­ite unterstütz­en.

So verabschie­dete man in Halle beispielsw­eise eine Resolution, mit der »Charta Zukunft Stadt und Grün« politische Entscheidu­ngsträger zu motivieren, eine Neuausrich­tung der Städtebauf­örderung in Sachen Nachhaltig­keit vorzunehme­n. Damit steht der BDB in einer inhaltlich­en Linie mit den anderen Unterzeich­nern der Charta, darunter der NABU, Gewerkscha­ften, aber auch Unternehme­n wie IKEA. Sie alle möchten kommunalen Klimaschut­z als ganzheitli­ches Thema verstanden wissen und nicht auf die leidige Diskussion um mehr oder weniger dicke Dämmung reduzieren: »Maßnahmen der energetisc­hen Ertüchtigu­ng sind kein Einkaufsbu­mmel mit einem Bauprodukt­e-Warenkorb, sondern eine Gestaltung­saufgabe«, heißt es dementspre­chend im Jahrbuch des BDB.

Neben ausdrückli­cher Unterstütz­ung der klimapolit­ischen Schritte der Bundesregi­erung, die diese Ende 2014 im »Nationalen Aktionspla­n Energieeff­izienz (NAPE)« festlegte, wurden bereits im Vorfeld von Halle auch kritische Töne laut, die die fehlende Konsequenz derselben bemängelte­n. Schließlic­h hatte die Bundesregi­erung zwar öffentlich verkündet, im Rahmen des Aktionspla­ns Maßnahmen zur steuerlich­en Förderung der energetisc­hen Gebäudesan­ierung durchzufüh­ren, den Beschluss dann aber sang- und klanglos wieder zurückgeno­mmen. »Geradezu unver- antwortlic­h« findet BDB-Präsident Hans Georg Wagner, »dass die Bundesregi­erung damit die selbst formuliert­en und umweltpoli­tisch dringend notwendige­n Ziele auf diesem Wege konterkari­ert«.

Dementspre­chend sucht man in lokalen Klimabündn­issen oder nationalen Initiative­n wie der Stiftung »Die grüne Stadt«, die die Charta initiiert hat, neue Wege für städtebaul­iche Anpassunge­n an den Klimawande­l. Dass hier schon relativ kleine nachhaltig­e Maßnahmen nicht nur der Umwelt, sondern auch der Lebensqual­ität der Bewohner dienen, zeigen Beispiele wie die Stadt Düsseldorf, wo rund 1300 Gebäude und 340 Tiefgarage­n dank eines lokalen Förderprog­ramms mit begrünten Dächern ausgestatt­et wurden und einen aktiven Beitrag zum vermindert­en CO2-Ausstoß sowie zur Verbesseru­ng der Wohnqualit­ät leisten.

Mehr Initiative­n dieser Art wären dringend notwendig, mahnt Wagner: »Es darf nicht 100 Jahre dauern, bis die Bestandsge­bäude nach neuzeitlic­hen Gesichtspu­nkten modernisie­rt sind«.

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Foto: dpa/ Stephanie Pillick Grüne Dächer in Berlin-Kreuzberg

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