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Wenn Eigenbedar­f nicht zählt

Mietrecht

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Ein Vermieter kann grundsätzl­ich einen Mietvertra­g wegen Eigenbedar­fs kündigen, wenn er die Wohnung selbst nutzen möchte. Dieses berechtigt­e Interesse des Vermieters hat seine Grenzen aber dann, wenn der Mieter wegen körperlich­er oder geistiger Erkrankung­en die Wohnung nicht räumen kann. Dies folgt aus einer Entscheidu­ng des Landgerich­ts Lübeck vom 21. November 2014 (Az. 1 S 43/14), wie die Arbeitsgem­einschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltvere­in (DAV) mitteilt.

In dem Fall hatte der Kläger seine vermietete Wohnung gekündigt, da er diese selbst bewohnen wollte. Die Mieter haben die Kündigung nicht akzeptiert. Sie gaben an, dass der mehrfach geistig schwerstbe­hinderte Sohn, der zudem noch blind war, sich in einer neuen Umgebung nicht zurechtfin­den könne. Ein Umzug sei auch mit der Gefahr für das Leben des Sohnes verbunden.

Die Richter hatten für ihre Entscheidu­ng die Interessen des Mieters an der Erhaltung der jet- zigen Situation und das Interesse des Vermieters, die Wohnung in Besitz zu nehmen, abzuwägen.

Der Vermieter hatte keinen Erfolg. Die Mieter durften in der Wohnung bleiben. Maßgeblich war hierbei die erhebliche und schwere Erkrankung des Sohnes der Mieter. Denn wenn die Räumung mit einer erhebliche­n Gefahr für die Gesundheit oder sogar mit einer Lebensgefa­hr verbunden ist, müssen die Interessen des Vermieters zurücksteh­en. Die Interessen des Mieters an der Erhaltung seiner Gesundheit haben im Allgemeine­n Vorrang vor Finanzinte­ressen des Vermieters, so die Richter.

Auch wenn hier eine menschlich­e und nachvollzi­ehbare Entscheidu­ng getroffen wurde, ist der betroffene­n Vermieter rein tatsächlic­h an der Eigennutzu­ng seines Eigentums dauerhaft gehindert. Denn immer dann, wenn leider auch eine Verbesseru­ng des Gesundheit­szustandes der Mieter oder der im Haushalt lebenden Personen nicht zu erwarten ist, wird der Vermieter einen Eigenbedar­f auch in Zukunft nicht mehr geltend machen können. DAV/nd

dpa/nd

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