Schlechte Noten für Waffenlieferer
Studie: Rüstungsunternehmen haben keine Mittel gegen Korruption
Laut Index verfügt fast ein Viertel aller Rüstungsfirmen nicht über ein Antikorruptionsprogramm. Auch bei deutschen Unternehmen besteht erheblicher Verbesserungsbedarf.
163 Rüstungsunternehmen aus 47 Staaten hat die Nichtregierungsorganisation Transparency International im Antikorruptionsindex 2015 hinsichtlich der Transparenz und Qualität ihrer Unternehmenskulturund Antikorruptionsprogramme untersucht. Vor allem die Schmiergeldskandale der letzten Jahre bei Geschäften deutscher Firmen im Ausland haben hierzulande die öffentliche Kritik an der Praxis von Waffenexporten bestärkt. Dadurch wurden die durch Korruption verursachten hohen Kosten für die Gesellschaft offensichtlich. Außerdem haben Diskussionen um den Verbleib gelieferter Waffen und die Probleme bei inländischen Beschaffungsmaßnahmen von Rüstungsgütern die öffentliche Aufmerksamkeit für diesen Wirtschaftsbereich erhöht.
Der Bedarf an Vorsorgemaßnahmen zeigt sich allein daran, dass laut Index nur acht Unternehmen Mechanismen haben, die Whistleblowing begünstigen und fördern; nur 13 Unternehmen erfüllen ihre Sorgfaltspflicht im Umgang mit Zwischenhändlern und nur drei haben eine detaillierte Vorgehensweise, um Korruption in grundsätzlich hochriskanten Kompensationsgeschäften zu verhindern.
Die fünf deutschen Unternehmen Diehl Stiftung, Krauss-Maffei Wegmann, MTU Aero Engines, Rheinmetall und ThyssenKrupp schneiden im Index sehr unterschiedlich ab. Thys- senKrupp schneidet auch im internationalen Vergleich relativ gut ab. Vier von fünf Unternehmen bekamen eine vier oder schlechter, weil sie kaum oder gar nicht über öffentlich verfügbare Ethik- und Transparenzrichtlinien verfügen. Das Münchner Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann bekommt sogar eine Sechs und erhielt auch international eine der schlechtesten Bewertungen, insbesondere weil die Firma im Bereich des Risikomanagements Defizite aufweist.
Warum nur fünf deutsche Unternehmen getestet wurden, obwohl Deutschland weltweit unter den Top fünf im Rüstungsbereich liegt, konnte der britische Transparency-Experte Mark Pyman nur unzureichend beantworten: »weil wir die stärksten Unternehmer aus jedem Land im Index aufgenommen haben«, sagte er. Nicht erstaunlich ist, dass die deutschen Unternehmer in London am Montag viel stärker kritisiert wurden: »Wir haben erwartet, dass die deutschen Firmen besser sind. Das schlechte Abschneiden war für uns schon überraschend«, sagte Leah Wawro von Transparency. »Auch um Vertrauen zu schaffen, müssen auch die deutschen Unternehmen ihre Korruptionspräventions- und Compliancestrukturen verbessern. Das ist schließlich ein zentrales Merkmal moderner Unternehmensführung«, reagierte MarieCarin von Gumppenberg von Transparency Deutschland in Berlin.
Dass die Studie ein Alibi für die Rüstungsunternehmen sein könnte, die gut abschnitten, wollte Transparency-Deutschland-Vorsitzende Edda Müller nicht dementieren. »Die Ergebnisse des Index wecken den Verdacht, dass die Bundesregierung und der zuständige Bundessicherheitsrat diese Zuverlässigkeitsprüfung in der Vergangenheit recht lax gehandhabt haben. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, für eine wirksame Umsetzung der gesetzlichen Bestimmung zu sorgen. Dies gilt sowohl für die Genehmigungsverfahren für Waffenexporte als auch für Entscheidungen zu Exportversicherungen«.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte in seiner Rede zur Rüstungsexportpolitik im Oktober aber betont, dass die Bundesregierung keinen Ermessensspielraum habe.