Tsipras will notfalls die Wähler befragen
Athen könnte Referendum anstreben, wenn Gläubiger SYRIZA zum Bruch der Wahlversprechen zwingen
In Athen zeigte sich Premier Alexis Tsipras mit Blick auf die Chancen einer Einigung optimistisch – warnte zugleich aber vor einem Scheitern.
»Ich denke, wir werden bis zum 9. Mai eine Vereinbarung haben«, hat Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montagabend in einem Interview mit dem Sender Star TV erklärt. »Niemand in Europa wird gewinnen, wenn es zu einem Bruch kommt.«
Dafür ist die SYRIZA-geführte Regierung offenbar auch zu weiteren Kompromissen bereit. Eine Liste möglicher Reformen soll alsbald in einem Gesetz zusammengefasst werden, hieß es in Athen nach einem Treffen des engsten Kreises um Tsipras, dem unter anderem Finanzminister Yanis Varoufakis angehört. Wann mit einer Verabschiedung zu rechnen ist, war aber zunächst unklar.
Bei dem Paket soll es sich um Maßnahmen handeln, mit denen rasch die Staatseinnahmen erhöht werden können: schärfere Kontrollen von Auslandsüberweisungen, um Schwarzgelder aufzuspüren; effizientere Erfassung der Mehrwertsteuer-Einnahmen und bessere Eintreibung von ausstehenden Steuerschulden. Bestandteil des Pakets könnten zudem die Vergabe von TVund Casino-Lizenzen sowie die Bekämpfung des Tabak- und Treibstoffschmuggels sein.
Die genannten Maßnahmen sind seit längerem im Gespräch – waren von den Gläubigern aber als nicht ausreichend bezeichnet worden. Seit Wochen wird über die Auszahlung von 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Kreditprogramm gestritten, die aus politischen Gründen blockiert werden. Athen hat bereits im März eine ausführliche Liste mit Vorschlägen aufgestellt. Doch den Gläubigern gehen die Reformen nicht weit genug, beziehungs- weise wollen sie eine andere politische Grundrichtung.
Inzwischen ist von weiteren Zugeständnissen die Rede. So soll man in Athen darüber nachden- ken, die versprochene Anhebung des Mindestlohns zunächst auszusetzen. Auch werden Teilprivatisierungen und die Begrenzung der Frühverrentungen als möglich erachtet. Das stößt auf dem linken Flügel von SYRIZA auf Kritik, weil es hinter Versprechen der Partei zurückfällt.
Doch den Gläubigern reichen die Zugeständnisse offenbar nicht. Den Optimismus von Premier Tsi- pras wollte man am Dienstag in Brüssel jedenfalls nicht teilen. Alles hänge von den Athener Vorschlägen ab, hieß es wie schon in den Tagen zuvor.
Wie andere SYRIZA-Politiker zuvor hat Tsipras deshalb die Möglichkeit eines Referendums ins Spiel gebracht. Sollten die Gläubiger Bedingungen durchsetzen, die gegen das Wahlprogramm von SYRIZA verstoßen, werde man ein Referendum abhalten. »Wenn ich letztlich mit einer Vereinbarung dastehe, die die Grenzen (meines Mandats) überschreitet, habe ich keine andere Wahl, die Menschen werden entscheiden«, so Tsipras.
Derweil hat die Linksfraktion im Bundestag drei Anträge eingebracht, mit denen die Debatte um eine Entschädigung Griechenlands für NS-Unrecht vorangebracht werden soll. Demnach soll die Bundesregierung mit Athen Verhandlungen über Reparationen aufnehmen.
»Niemand in Europa wird gewinnen, wenn es zu einem Bruch kommt.« Alexis Tsipras