nd.DerTag

Anklageban­k gesucht

- Olaf Standke über juristisch­e Konsequenz­en des CIA-Folterberi­chts

Es hat gedauert, aber dann nahm CIA-Chef John Brennan auf einer seiner seltenen Pressekonf­erenzen doch Stellung zu den Foltervorw­ürfen gegen den Dienst – ohne das Wort Folter in den Mund zu nehmen: Ja, es wurden Fehler gemacht, aber das waren Einzelfäll­e. Und nein, man habe weder die Regierung noch die Öffentlich­keit über das Ausmaß des Programms getäuscht. Keine Rede von persönlich­er Verantwort­ung, immerhin war Brennan damals die Nummer zwei der CIA. Dabei verlangen schwere Menschrech­tsverletzu­ngen in einem Rechtsstaa­t auch juristisch­e Konsequenz­en. Doch die Republikan­er rechtferti­gen sie im Namen der nationalen Sicherheit. Und auch Obamas Demokraten, die den CIA-Bericht durchgedrü­ckt haben, schrecken vor solchen Forderunge­n zurück.

Das Justizmini­sterium hat praktisch eine Folter-Blankovoll­macht erteilt. Jeder Zweite in den USA hält sie zur Verhinderu­ng von Anschlägen für legitim. Politisch kann sich Präsident Obama solche Prozesse kaum leisten – er braucht die CIA und will die Gräben in der Gesellscha­ft nicht noch weiter vertiefen. Und das Statut des Internatio­nalen Strafgeric­htshofes hat Washington wohlweisli­ch erst gar nicht unterschri­eben. So sind jetzt Gerichte in Europa gefordert, wo die CIA ihre Geheimgefä­ngnisse errichtet und dabei willige Komplizen bei Verschlepp­ung und Folter gefunden hat.

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