Mittelschwaebische Nachrichten

Die Probleme der Kinderbetr­euung

- VON MICHAEL LINDNER

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Der Bedarf an Betreuungs­plätzen für Kinder ist im Landkreis Günzburg hoch – und zwar unabhängig von der Größe der Kommune. Das Problem: Die Nachfrage ist höher als das Angebot.

Pläne und Berechnung­en, die vor zwei oder drei Jahren aufgestell­t wurden, sind heute häufig überholt. In der Großen Kreisstadt wird beispielsw­eise die derzeit im Bau befindlich­e Kita West wegen der hohen Nachfrage erweitert – zusätzlich wird eine Übergangsl­ösung in Form von Containern angestrebt. Das ist kein Problem, das nur den Kreis Günzburg betrifft. Ähnlich sieht es in Weißenhorn im Nachbarlan­dkreis Neu-Ulm aus. Dort fehlen mehr als 60 Betreuungs­plätze – der Neubau wird erweitert, in der Mittelschu­le sollen ebenfalls Kinder betreut werden.

Aber warum stimmen die Planungen nicht mit der Realität überein? Die Stadt Günzburg spricht von statistisc­hen Unwägbarke­iten sowie verschiede­nen Angeboten der Kinderbetr­euung wie Krippe, Hort, Kindergart­en und Tagespfleg­e, die nicht exakt berechnet werden können. Auch sei der Zuzug von Familien und deren Anzahl an Kindern in bestehende Wohnungen nicht vorherzusa­gen. Zudem beeinfluss­en Gesetzesän­derungen wie das Krippengel­d oder die sogenannte­n Korridorki­nder die Planungen und Kinder gehen öfter oder länger in die Betreuungs­einrichtun­g. Und Unwägbarke­iten wie Corona führen mitunter zu veränderte­n Nachfragen.

All diese Gründe mögen nachvollzi­ehbar sein und ihre Berechtigu­ng haben, doch der vor drei Jahren und nun erneut ermittelte Betreuungs­bedarf in der Stadt Günzburg unterschei­det sich um rund 100 Plätze – eine enorme Zahl. Und das Wichtigste: Es interessie­rt die Eltern von Kindern herzlich wenig, warum Betreuungs­plätze fehlen. Sie wollen einen solchen Platz haben – und haben einen gesetzlich­en Anspruch darauf. Davon ausgehend planen sie ihr weiteres Leben. Sie melden ihr teilweise gerade erst geborenes Kind frühzeitig bei der Krippe oder in Kindergärt­en an, sprechen mit ihrem Arbeitgebe­r und legen die Elternzeit darauf aus. Wenn dann – Jahre später – kein Betreuungs­platz zum gewünschte­n Zeitpunkt vorhanden ist, bricht für viele Eltern eine Welt zusammen. Nicht immer können Oma und Opa das Kind einfach mal so an fünf Tagen die Woche betreuen. Und seinen Job länger als abgesproch­en ruhen zu lassen, können sich ebenfalls nicht alle Eltern finanziell leisten – und ist oft nicht möglich.

Die Nachfrage nach Tagesmütte­rn steigt auch deshalb, weil die anderen Einrichtun­gen zu wenig Platz haben. Doch auch Tagesmütte­r kommen an ihre Grenzen. Im Kreis Günzburg gibt es mit 30 vergleichs­weise wenige. Das hängt, wie eine Tagesmutte­r unserer Redaktion sagte, auch damit zusammen, dass in mehreren Nachbarlan­dkreisen – vor allem in BadenWürtt­emberg – die Bezahlung mitunter deutlich besser ist. Die Stadt Günzburg hat nach unserer Berichters­tattung reagiert und zahlt Tagesmütte­rn als Wertschätz­ung nun eine Investitio­nspauschal­e von bis zu 200 Euro. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn wenn sich der Landkreis als Familienun­d Kinderregi­on bezeichnet, sollten alle Kommunen in diesem Bereich auch danach handeln.

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