Mittelschwaebische Nachrichten
Der Beruf hinter dem Kaufklick
Niklas Bönsel ist einer der Ersten, der eine Ausbildung zum E-Commerce-Kaufmann absolviert. Was seine Büroarbeit mit Reifenwechsel zu tun hat, warum er Kritik am Online-Einkaufen oft zu pauschal findet und er sich keine Sorge um die berufliche Zukunft mac
Gersthofen
Niklas Bönsel sitzt vor zwei Bildschirmen. Konzentriert prüft er die aktuellen Kennzahlen des Onlineshops. Aus den Daten kann er die Seitenaufrufe, das Kundeninteresse und das Bestellverhalten herauslesen. Die Analyse der Zahlen ist eine seiner Hauptaufgaben: Der 21-jährige Mann ist angehender E-Commerce-Kaufmann. Seit 2018 lernt er den digitalen Beruf bei der Firma Lutz Schrauben Werkzeug GmbH in Gersthofen im Landkreis Augsburg.
Wenn Bönsel im Sommer seine Abschlussprüfungen bestanden hat, zählt er zum ersten Absolventenjahrgang in der Region. Die spezielle Ausbildung mit Schwerpunkt Online-Handel gibt es erst seit drei Jahren. Nach seinem Realschulabschluss suchte er zunächst eine Lehrstelle als Industriekaufmann. In der Bewerbungsphase erfuhr Bönsel von dem damals neu geschaffenen Ausbildungsberuf. „Etwas völlig Neues zu machen, hat mich sofort gereizt“, beschreibt er die damalige Begeisterung.
Um das Einkaufen für die Kunden attraktiver zu gestalten, überlegt sich Bönsel gemeinsam mit seinen Kollegen Kampagnen wie die
Frühjahrsaktion „Reifenwechseln: Die richtigen Helfer“. Ein Rangierwagenheber, um das Auto anzuheben, ein Drehmomentschlüssel zum Festziehen, ein Kompressor, ein Wagen für den Reifensatz und ein Paar Handschuhe werden in dem
Schulabschluss
● Ein spezieller Schulabschluss ist nicht vorgeschrie ben. In der Praxis stellen Betriebe laut Agentur für Arbeit überwiegend Auszubildende mit Hochschulreife ein.
● Für den Beruf sind eine Affinität für Technik und Internet, Kreativität und ein Verständnis für Zah len notwendig. Zudem zählen Flexi bilität und analytische Fähigkeiten.
● Ausbildungsdauer Drei Jahre.
● Einstiegsgehalt Ausgelernte Fach kräfte verdienen laut Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit ein Brut togehalt von durchschnittlich 3750 Euro.
Fähigkeiten
Zusatzsortiment angeboten. 13 verschiedene Produkte rund um das Thema Reifenwechsel umfasst die kleine Auswahl, die zeitlich begrenzt ist. Diese spezielle Produktauswahl im Onlineshop hat Bönsel selbst zusammengestellt und gemeinsam
Weiterbildungsmöglichkeiten
● Es besteht die Möglichkeit der Fortbil dung zum Fachwirt im ECommerce.
● Kaufleute im ECommer ce sind in Unternehmen dafür zu ständig, Waren oder Dienstleistungen online zu vertreiben. Dazu konzipie ren und entwickeln sie Sortimente, pflegen die Vertriebskanäle und or ganisieren das Onlinemarketing.
● Die Abschlussprüfung be steht aus drei schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Zudem müssen Azubis im zweiten Lehrjahr eine Zwischenprüfung ablegen.
(Quelle: IHK, Agentur für Arbeit)
Aufgaben Prüfung
mit der Marketingabteilung beworben.
Die Aufgaben seien sehr vielfältig und oft teamübergreifend, sagt Bönsel. Der Aufbau und die Pflege des Onlineshops, das Platzieren und Beschreiben neuer Produkte, Datenanalyse, Kundenkontakt und Marketing zählen zu den Kernbereichen. Je nach Betrieb fällt auch das Erstellen der Rechnungen in das Aufgabengebiet der Mitarbeiter im E-Commerce.
Dass sich der neue Ausbildungsberuf am Arbeitsmarkt nicht durchsetzen würde, befürchtet Bönsel nicht. „Ganz im Gegenteil, es ist ein Beruf, der immer mehr kommt.“Die Corona-Pandemie habe diese Entwicklung sogar noch beschleunigt. Die Kritik am Einkaufen im Netz sei für ihn oft viel zu pauschal. „Es kommt immer darauf an, was man kauft“, verteidigt er das Online-Geschäft.
Bei Produkten, wie sie sein Ausbildungsbetrieb im Netz anbietet, sehe er keine Bedrohung für die Innenstädte. Zudem ist der Onlineshop der Firma Lutz nur für Geschäftskunden geöffnet.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Gersthofen ist ein Großhandel für Werkzeug, Schrauben und Arbeitsschutz. Neben dem Ladengeschäft und dem Außendienst werden die Produkte bereits seit dem Jahr 1998 auch über einen firmeneigenen Onlineshop verkauft. In Gersthofen bildet das Unternehmen derzeit vier Berufsanfänger im E-Commerce aus.
Mehr als 1,2 Millionen Produkte umfasst der Onlineshop von Lutz. Da der digitale Laden nur für Geschäftskunden zur Verfügung steht, seien am späten Vormittag und am frühen Nachmittag die meisten Bestellungen zu verzeichnen, erklärt Bönsel. Während der Mittagszeit und am Abend flache die Zahl der Bestellungen ab – das ist nur eine Erkenntnis seiner Datenanalyse.
ECommerceKaufmann – der Beruf in Kürze