Mittelschwaebische Nachrichten
Stell dich der Depression!
Mit einer Aktion wollen Twitter-Nutzer der Krankheit ein Gesicht geben
Berlin Auf den ersten Blick sieht man den Fotos nicht an, wie viel Leid sie eigentlich zeigen. Es sind Fotos von lächelnden Menschen. Und der Kontrast zu den Texten, die Twitter-Nutzer dazustellen, könnte kaum größer sein. Die Texte beginnen oft mit dem Satz: „Dieses Bild entstand vor kurzem erst, als es mir wieder nicht sehr gut ging.“Was folgt, ist meist schwer auszuhalten. Zum Beispiel dies: „War damals zwölf und hatte paar Tage vorher meine erste suizidale Phase.“Oder dies: „2014 abgemagert auf 44 Kilo als Hilfeschrei.“
Mit dem Aufruf #FaceTheDepression (Stelle dich der Depression) machen gerade ungezählte Twitter-Nutzer auf die Krankheit aufmerksam. Sie wollen veranschaulichen, dass es in ihnen ganz anders aussah, als es nach außen den Anschein hatte. Sie wollen darauf hinweisen, dass eine Depression nicht leicht erkennbar ist. Ein Nutzer schreibt: „Depression hat viele Gesichter. Und eins davon ist dafür da, das Problem vor der Außenwelt zu verstecken. In der Zeit, in der es mir am schlimmsten ging, gab es die meisten ,happy Grinsebilder‘ von mir. Achtet auf euer Umfeld.“
Eine Depression beeinflusst das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen und macht sich der Stiftung Deutsche Depressionshilfe zufolge auch durch Störungen von Körperfunktionen bemerkbar. Erkrankte können sich demnach selten allein von ihrer Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und ihren negativen Gedanken befreien. Die Stiftung erklärt Möglichkeiten der
Behandlung mit Medikamenten und Psychotherapie. Und betont, dass etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann im Laufe des Lebens eine Depression bekomme. Eine optimale Behandlung erhalte dabei allerdings nur eine Minderheit.
Ein Twitter-Nutzer schreibt wohl daher auch: „Lasst uns der Krankheit ein Gesicht geben. Unseres. Und lasst uns dabei nicht vergessen: Nur weil draußen die Sonne scheint und ich ein farbenfrohes Selfie poste, scheint sie noch lange nicht in mir drinnen.“Trotz der Resonanz, die die Aktion fand, ist sie nicht unumstritten. Schließlich gebe es etwa die Frage, ob Twitter das richtige Medium sei, um sich – mit Bild – öffentlich zu einer schweren Krankheit zu bekennen, hieß es beispielsweise.