Mittelschwaebische Nachrichten

Die Zukunft Galliens ist jung

Kultcomic Heute erscheint mit „Die Tochter des Vercingeto­rix“der neue Asterix-Band. Obelix steckt in einer mentalen Krise, während die Göre Adrenaline das Dorf aufmischt

- VON RUPERT HUBER

Kleinbonum Sie sind zurück, die Helden aller Fans der unbeugsame­n Gallier! Aber diesmal sind nicht Asterix und Obelix die Stars, sondern „Die Tochter des Vercingeto­rix“gibt selbstbewu­sst den Ton an. Was Wunder, hat das temperamen­tvolle Mädchen mit Adrenaline auch einen passenden Namen. Dass sie in dem berühmten gallischen Dorf in Begleitung zweier Averner-Häuptlinge auftaucht, versetzt die Bewohner in helle Aufregung. Denn Adrenaline ist die Tochter des Gallier-Chefs Vercingeto­rix. Sie ist auf der Flucht vor Julius Cäsar, der sie gerne zwangsroma­nisieren möchte. Aber er hat die Rechnung ohne die gallische Jugend gemacht, die ihm erbittert Widerstand leistet.

In ihrem vierten gemeinsame­n Band haben Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnunge­n) den vorwiegend männlichen Figurenkos­mos um coole Jugendlich­e erweitert. Das wurde auch Zeit. Die etwas biedere Sexbombe Falbala und die Häuptlings­frau Gutemine, figürlich und im Mienenspie­l eine Merkel-Figur – man hatte sich an beiden sattgesehe­n. Adrenaline ist da anders. Schon die Averner, die sie beschützen sollen, gehen ihr auf den Geist. „Is ja gut! Kommt mal runter! Immer dieselbe Lyra!“Wie die Punk-Version einer Pippi Langstrump­f kommt sie im schwarzen Gothic-Dress daher. Als Gutemine ihr eine gallisch-bürgerlich­e Optik verpassen will, motzt sie: „Keinen Bock, mich wie ein Mädchen anzuziehen! Ich stehe auf gotische Klamotten.“Wie Ferri und Conrad die Dorfjugend in die Geschichte einbauen, hat wirklich Witz. Selfix, Sohn des Schmieds Automatix, und Aspix, Filius des Fischhändl­ers Verleihnix, verbindet eine wunderbare Freundscha­ft. Obelix als Jugendlich­er wider Willen muss sich von Aspix anhören, dass Zaubertran­k und ein dicker Bauch zusammenge­hören.

Dennoch hat „Die Tochter des Vercingeto­rix“Schwächen. Die Häufung des schwer lesbaren Averner-Dialekts erschwert das LeseVergnü­gen. Dass kaum jemand von der Existenz Adrenaline­s wusste, erklären die Averner etwa so: „Wir haben schie lange in Lutetschia (Parisch) verschteck­t, ein abgelegene­r Ort im Gegenschat­sch schu Nemoschusc­h (Clermont-Ferrand).“Kenner der französisc­hen Sprache mögen bitte drüber weglesen! Immerhin trösten über den drögen Beginn und einen ziemlich farblosen Asterix die Schlager singende Privatentr­uppe („Phöniiiizi­scher Wein“) in komödianti­scher Topform und ein großartige­r Methusalix hinweg, der seine Krücke als präzises Wurfgescho­ss einsetzt. Ferri und Conrad spielen trotz einiger erzähleris­cher Schwächen zum Glück mit den Mythen, die im Fall von Asterix längst ein eigenes Genre geworden sind.

Der witzige Winz-Gallier, der dieses Jahr noch seinen 60. Geburtstag feiert, ist das Werk des Duos René Goscinny und Albert Uderzo. Die beiden Männer schufen mit „Asterix“und 380 Millionen verkaufter Hefte weltweit den erfolgreic­hsten Comic überhaupt. Nach dem frühen Tod Goscinnys 1977 schlug sich Uderzo allein mehr schlecht als recht durch. Bis Ferri und Conrad kamen.

Ihnen fiel auf, dass das gallische Dorf inzwischen überaltert war. Was macht jemand wie Adrenaline in dem Nest, außer sich zu Tode langweilen und auf ihrem Tablet aus Stein zu surfen?

Didier Conrad sagt: „Noch nie spielten Teenager eine so große Rolle wie in diesem Heft.“Verfolgt von den Römern flieht das Mädchen im Schiff Richtung Sehnsuchts­insel Thule, am Steuer Letitbix, der Romantiker mit Hippy-Attitüde. „Jetzt ist es offiziell“, sagt wissend Gutemine, „unsere kleine Adrenaline wird flügge!“

Seit Wochen wird Adrenaline gleichsam als Schwester der KlimaAktiv­istin Greta Thunberg gehandelt. Zeichner Didier Conrad betont jedoch, dass „Die Tochter des Vercingeto­rix“bereits im Druck war. Und dann gibt Conrad zu: „Beide sorgen sich um die Zukunft der Erde. Und man hat Greta eine Verantwort­ung aufgebürde­t. Das ist bei Adrenaline ähnlich.“Wie sagt der weise Miraculix: „Ihr Vater hatte ihr aufgetrage­n, Widerstand zu leisten und frei zu bleiben. Genau das tut sie auf ihre Weise.“

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Fix und fertig ist der arme Obelix, als er von den Jugendlich­en wegen seines Leibesumfa­ngs gehänselt wird.
 ??  ?? Jean-Yves Ferri, Didier Conrad: Asterix Nr. 38: Die Tochter des Vercingeto­rix. Egmont Comic Collection, 48 Seiten, 12 Euro (gebundene Ausgabe). Band 38 erscheint am heutigen Donnerstag.
Jean-Yves Ferri, Didier Conrad: Asterix Nr. 38: Die Tochter des Vercingeto­rix. Egmont Comic Collection, 48 Seiten, 12 Euro (gebundene Ausgabe). Band 38 erscheint am heutigen Donnerstag.
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Repros: Asterix® – Obelix® – Idefix ®/© 2019 Les Éditions Albert René/Goscinny – Uderzo
Asterix und Obelix verpennen die Gegenwart. Die Zukunft gehört der unbeugsame­n Göre Adrenaline und der Dorfjugend. Repros: Asterix® – Obelix® – Idefix ®/© 2019 Les Éditions Albert René/Goscinny – Uderzo

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