Mittelschwaebische Nachrichten
Schweizer Grüne räumen ab
Gleich zwei Ökoparteien legen bei Wahlen deutlich zu
Bern Der Klimawandel macht es möglich: In der Schweizer Politik werden in den nächsten vier Jahren grüne Parteifarben deutlich stärker vertreten sein als bisher. Bei den Parlamentswahlen 2019 am Sonntag verzeichneten laut ersten Hochrechnungen gleich zwei verschiedene grüne Parteien satte Zugewinne. Die Grünen der Schweiz, deren Positionen in etwa den deutschen Grünen entsprechen, können demnach ihren Anteil bei den Wahlen zur großen Parlamentskammer auf knapp 13 Prozent fast verdoppeln. Und auch die die grünliberale Partei GLP legte von zuletzt knapp fünf auf fast acht Prozent zu. Trotz vieler gleicher Forderungen verstehen sich die beiden grünen Kräfte als Konkurrenten.
Das Erstarken der Grünen und der Grünliberalen lässt sich zumal auf die eskalierende globale Umweltkrise zurückführen: Die Erderwärmung als brennendes Thema rückt auch in der Schweiz in den Vordergrund. Die Einwohner des Alpenlandes können die verheerenden Folgen der steigenden Temperaturen mit eigenen Augen verfolgen: Gletscher schmelzen ab, die Schneegrenze rückt nach oben und somit verändert sich das Gesicht der Berge dramatisch.
Wie viele Parlamentssitze an die beiden grünen Parteien fallen, war zunächst noch unklar. Falls die Grünen ihre starke Position tatsächlich beim Endergebnis behaupten können, werden sie ein Ministeramt in der siebenköpfigen Regierung, dem Bundesrat, reklamieren. Noch besteht die Regierung traditionell aus Repräsentanten der bislang vier größten Parteien: der Schweizerischen Volkspartei SVP, der Sozialdemokraten, der liberalen FDP und der konservativen Christlichdemokraten CVP.
Laut Hochrechnungen des Schweizer Fernsehens verlor die rechtspopulistische SVP mit 26,3 Prozent drei Prozentpunkte, auch die Sozialdemokraten fielen auf 16,5 Prozent, die FDP auf 15,2 und die CVP landete mit zwölf Prozent hinter den Grünen mit 12,7 Prozent.
Die SVP hatte 2015 ein Rekordergebnis von mehr als 29 Prozent erzielt. Auch dieses Mal setzte die Partei auf die Angst vor Masseneinwanderung und einem zu starken Einfluss der „zentralistischen“Europäischen Union. So malte die Zürcher SVP ein grelles Bild der Fremden in der Schweiz: „Staus auf den Straßen, herumlungernde, betrunkene und gewalttätige Asylsuchende und jugendliche Migranten sowie verbaute Grünflächen, steigende Gesundheits- und Sozialhilfekosten.“Die SVP schürte ebenso die Furcht vor einem wirtschaftlichen Abschwung: „Unternehmen und Länder ruinieren sich in guten Zeiten“, unkte der SVP-Übervater Christoph Blocher, der selbst ein Milliardenvermögen angehäuft hat.
Allerdings verfing die Kampagne angesichts guter Wirtschaftsdaten und einer Arbeitslosenquote von gut zwei Prozent diesmal weniger.