Mittelschwaebische Nachrichten
Gefangen!
Tiere Seit Sonntag suchte man in Herne nach einer Giftschlange. Was bundesweit Schlagzeilen machte und sich zu einem Politikum ausweitete. Dann kam Kobra-Experte Roland Byner
Herne Nachbarn klatschen Beifall, als die Giftschlange von Herne am Freitagabend in einem Feuerwehrauto davongefahren wird. Zuvor hatte der Bochumer Schlangenexperte Roland Byner das Tier lebend eingefangen und es in einer Plastikkiste mit roten Totenkopf-Aufklebern an der Seite aus dem Haus getragen. Die Erleichterung ist groß bei Einsatzkräften, Bewohnern, Nachbarn und Journalisten.
„Endlich ist sie weg und wir können wieder rein“, sagt Collin Bleck. Der junge Mann machte am Sonntag das bislang einzige Foto der Schlange, nachdem seine Freundin das hochgefährliche Tier im Treppenhaus gesehen hatte. Die Suche nach der rund 1,60 Meter langen Monokelkobra hatte nicht nur die Ruhrgebietsstadt tagelang in Atem gehalten und Politiker über strengere Auflagen für die Haltung von gif- tigen Gefahrtieren diskutieren lassen. Die Kobra von Herne war bundesweit in den Schlagzeilen.
Die 30 Bewohner des aus vier Gebäuden bestehenden Komplexes durften fast bis zuletzt nicht in ihre Wohnungen. Am Mittwoch und Donnerstag hatten Experten der Feuerwehr Düsseldorf akribisch noch mal alles abgesucht. Die Keller und das Dachgeschoss wurden versiegelt. Die Stadt gab den Bewohnern am Freitagnachmittag die Garantie, dass sich die Schlange nicht in ihren Wohnungen und im Treppenhaus befindet. Wer wollte, konnte wieder in seine Wohnung.
Ordnungsdezernent Johannes Chudziak ging zu dem Zeitpunkt davon aus, dass das Tier noch im Keller ist – und dass es ohne Nahrung und Flüssigkeit dort in den nächsten Wochen wohl verenden werde.
Dann überschlagen sich die Ereignisse: Ein Nachbar schlägt dem Herner Oberbürgermeister vor, aus Sicherheitsgründen den Grasbewuchs hinter dem Gebäudekomplex abzumähen. Weil dort die Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel liegt, kommen kurz darauf erst der Bürgermeister von Castrop-Rauxel und dann der Stadtbetrieb Castrop-Rauxel mit einem Mähroboter. Der macht so viel Lärm, dass die Schlange aufgeschreckt wird. Sie hatte sich in einer Kelleröffnung an der Außenwand versteckt. Wenige Meter entfernt steht Andreas Wilczek vom Stadtbetrieb. Er sieht etwas in der Öffnung. „Sie hat sich bewegt und versucht, sich zu verstecken“, erzählt der 52-jährige Müllwagenfahrer. Er habe ein „gelb-goldfarbiges Tier“gesehen. „Ich habe schon oft Schlangen gesehen, aber das war ein Schock für mich“, berichtet er.
Er verständigt seinen Gruppenleiter. Der schlägt Alarm. Wenig später ist der Bereich weiträumig abgesperrt und der Schlangenexperte verständigt. Keine anderthalb Stunden nach der erneuten Sichtung kann Byner das Tier lebend fangen. Es hatte sich zuletzt unter einer Terrassen-Betonplatte versteckt. Er habe die Schlange mit einer Schlinge fangen können, sagt Byner.
„Wir sind sehr erleichtert, dass die Situation jetzt zu Ende ist“, sagt Ordnungsdezernent Johannes Chudziak danach. „Die Schlange ist in der Box. Die Risikolage ist entschärft.“Ursprünglich hatte die Stadt auch eine aufwendige Begasung des gesamten Gebäudekomplexes erwogen und sogar schon eine Spezialfirma zurate gezogen. Diese Idee war erst am Freitag zurückgestellt worden.
Die Stadt geht davon aus, dass die Kobra aus der Wohnung eines Mieters stammt, in der dieser 20 Giftschlangen hielt. Der junge Mann soll damit gehandelt haben. Laut Stadt bestreitet er, dass die Schlange aus seinem Bestand kam. Ob er wieder in seine Wohnung zurückkehrt, blieb am Freitag offen.