Mittelschwaebische Nachrichten
Frühjahrsgutachten
Gerne würde man sich einmal in eine seriöse Begutachtung des Frühjahrs vertiefen. Erfahren, wie lange noch die vergängliche Magnolienpracht zu erleben ist. Hören, was führende Institute für die Güte der Kastanienschatten in den Biergärten vorhersagen und welche Spätfolgen der Frosttage vom Februar absehbar sind – etwa, was die Maikäferdichte, die Erdbeersüße, die Gestimmtheit der Maulwürfe und die Frühjahrsbelebung in den Amselnestern angeht.
Auch eine Anhebung der Prognose bezüglich Weberknechtbeinlänge, Balkontomatenernte und Kapuzinerkressewachstum wäre interessant. Wie würde es uns beruhigen, aus einem Frühjahrsgutachten zu lesen, dass die Experten der besten Institute bundesweit mit 2,2 Prozent schöneren Frühlingsgedichten und 1,9 Prozent stärkeren Frühlingsgefühlen rechnen als im Vergleichzeitraum 2017. Länger Licht am Horizont, anziehende Mauerseglerkonjunktur, ein starkes Plus beim Lenz – so was.
Wird die Luft dünner für Hortensien und Stangenbohnen? Überhitzt der Holunder? Boomen Mohnblumen? Sinkt die Arbeitslosigkeit in den Honigbienenstöcken? Kapitulieren die Wespen?
Alles das könnte ja wahrhaftig in einem Frühjahrsgutachten stehen, in dem sich schließlich alles um Wachstum, Brummen und Belebung dreht. Tut es aber nicht. „It’s the economy, stupid“– es geht natürlich immer nur um die Wirtschaft und die Konjunktur. Auch in dem diese Woche vorgelegten Frühjahrsgutachten. Blaues Band, gelbe Wiesen, rote Beeren, grüne Spitzen? Interessiert die führenden Institute nicht die Bohne.