Mittelschwaebische Nachrichten
Europa ist keine Selbstverständlichkeit
Wettenhauser Schüler diskutieren mit Politikern über die Europäische Union
Wettenhausen Im Rahmen des „EUProjekttages“am St.-ThomasGymnasium Wettenhausen diskutierten die Landtagsabgeordneten Hans Reichhart (CSU) und Markus Rinderspacher (SPD) sowie Lukas Köhler (FDP) mit Schülern und interessierten Mitbürgern über das Projekt „Europäische Union“. Die Politiker auf der Bühne und die Gäste im Thomas-Saal der Schule begegneten sich offen und mit spürbarem gegenseitigen Respekt.
Nach einer kurzen Vorstellung des seit 2013 in den Bayerischen Landtag gewählten Hans Reichhart, des früheren Redaktionsleiters von ProSieben und nun amtierenden SPD-Fraktionschefs, Markus Rinderspacher, sowie des Lehrbeauftragten am Zentrum für Umweltethik in München und Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen, Lukas Köhler, durch Elftklässlerin Isabell Braun, eröffnete Schülersprecher Leo Reinhard die Podiumsdiskussion. Auf die Frage, wie die Politiker die aktuelle Lage in Großbritannien einschätzten, hob Rinderspacher hervor, dass er England als ein zutiefst gespaltenes Land wahrnehme. Ein europäischer Grundkonsens sei durch den Brexit völlig verloren gegangen. Reichhart erklärte, dass man an der EU noch vieles verbessern könne und müsse. Nur das Friedensprojekt werde es nicht geben, so der CSU-Politiker weiter.
Köhler sagte, dass das Friedensprojekt sich anders zeige, da die jüngeren Generationen keine Kriege kennen und für sie Europa Freiheit, Demokratie, Frieden und vieles mehr bedeute. Auf die Frage, ob ein Brexit auch für Deutschland denkbar sei, waren sich Reichhart und Köhler einig: Europa könne es ohne Deutschland nicht geben. Diesen Optimismus, dass es nicht auch einen deutschen Ausstieg geben könne, teilte Rinderspacher nicht. Er betonte, die EU sei keine Selbstverständlichkeit, genauso wenig wie die Demokratie oder eine Veranstaltung wie die Podiumsdiskussion in Wettenhausen.
Der Schülersprecher griff immer wieder die Fragen der Schüler auf, so auch diejenige, ob ein „Staat Europa“denkbar sei. Rinderspacher erkannte in einem „Bundesstaat Europa“eine tolle Zukunftsvision, Reichhart bezeichnete diese Vorstellung seinerseits als eher unwahrscheinlich, da es zu einem Staat mehr brauche; vorstellbar wäre ein neues Land Europa.
Nach längerer und durchaus kontroverser Diskussion um den Brexit folgte das Thema Rechtspopulismus in Europa. Dass die Diskussion mit aufkeimenden rechtspopulistischen Gruppen niemals abbrechen dürfe, sondern dass man mit ihnen diskutieren müsse, und andere Standpunkte ansprechen solle, kam vonseiten des CSU-Politikers. Dem schloss sich auch der FDP-Mann an, da man Vorurteile nur durch das nie endende Gespräch abbauen könne. Der SPD-Fraktionschef teilte diese Meinung ebenfalls, wobei er aber einschränkte, es sei möglich, dass er sich mit gewissen Leuten nicht an einen Tisch setzen würde, wenn er es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könnte. (zg)