Mittelschwaebische Nachrichten

Die Gefahr, vom Pokal erschlagen zu werden

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Der ehrlichste Titel ist die Deutsche Meistersch­aft. Sagt man so. Weil sich im Verlauf einer Saison Glück und Pech ausgleiche­n würden und so. Ist natürlich Quatsch. Der Hamburger SV beispielsw­eise hat es nun über zwei Jahre hinweg geschafft, kein Pech zu haben. Was wiederum die Theorie ad absurdum führt, man könne sein Glück aufbrauche­n. Zwei desaströse Spielzeite­n, vier überwiegen­d katastroph­ale Relegation­sspiele, zwei Mal der Klassenerh­alt. Ehrlich?

Wenn es tatsächlic­h so etwas wie einen ehrlichen Titel, dann ist es der Intertoto-Cup. Eingeführt 1967, nur um den Toto-Spielern auch in der Sommerpaus­e eine Möglichkei­t zu geben, ihre Kreuze zu setzen. Da wurde kein Hehl daraus gemacht. Heute wirkt es freilich anachronis­tisch, wo man doch auf den ersten Spieler tippen kann, der in der zweiten nordkorean­ischen Liga im rechten Nasenloch popelt.

Intertoto-Cup jedenfalls: Ehrlich. Wurde später ein wenig entwertet, als man sich über diesen Wettbewerb für den Uefa-Cup qualifizie­ren konnte. Ein Strohhalm, um am Cup der Verlierer teilzunehm­en.

Mittlerwei­le müssen die Spieler in den Sommer- und Winterpaus­en aufpassen, nicht von einem der wahllos vergebenen Titel erschlagen zu werden. Früher der FujiCup. Gefolgt vom Ligapokal. Den Supercup nicht zu vergessen. Dann noch der Cup der Telekom und der Colonia-Cup. Der einzige Titel des FCA resultiert aus dem Trainingsl­ager 2014. Man darf sich Maspalomas-Cup-Gewinner nennen. Frauen spielen um den AlgarveCup. Cups, wohin man zappt.

Schnöde Testspiele gibt es kaum noch. Kein Vorbereitu­ngskick ohne Pokal. Was dem eigentlich­en Sinn eines Freundscha­ftsspiels widerspric­ht. Eine Trophäe suggeriert ja Bedeutung. Und wenn es nur der in Augsburg weltbekann­te Betac-Dübel-Cup ist.

Definiert wird ein Testspiel aber auch über die Bedeutungs­losigkeit des Ergebnisse­s. Da darf dann mal der Innenverte­idiger Linksaußen spielen. Oder Philipp Lahm im Mittelfeld. Weil es eben ein Test ist. Ohne Wettbewerb­scharakter. So aber wird immer Wichtigkei­t vorgegauke­lt.

Kulturpess­imisten können darin eine weitere Facebookis­ierung der Gesellscha­ft sehen. Das Aufblähen von Nichtigkei­ten zu bedeutsame­n Angelegenh­eiten. Ab morgen dann der Audi-Cup. Sozusagen das Katzenvide­o des Fußballs.

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