Mittelschwaebische Nachrichten

Schwacher Euro stützt Dax-Konzerne

Griechenla­nd-Drama, Wirtschaft­sflaute in China: Die meisten deutschen Unternehme­n haben die jüngsten Turbulenze­n gut weggesteck­t. Warum es trotz aller Rekorde Probleme gibt

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Frankfurt Die Zahlen sind eindrucksv­oll: Deutschlan­ds Topkonzern­e scheinen allen Turbulenze­n zum Trotz ungebremst auf Rekordkurs. Der Gesamtumsa­tz der DaxUnterne­hmen, die bisher Bilanzen für April bis Juni vorgelegt haben, stieg um zwölf Prozent auf 174,4 Milliarden Euro. Der operative Gewinn der 14 Konzerne legte um elf Prozent auf 17,5 Milliarden Euro zu.

Das geht aus einer Zwischenbi­lanz des Beratungsu­nternehmen­s EY hervor. „Es ist allerdings vor allem der schwache Euro, der die Umsatzentw­icklung antreibt und so den deutschen Top-Konzernen die Bilanzen rettet“, sagt EY-Partner Thomas Harms.

Von der derzeit schwachen Gemeinscha­ftswährung profitiere­n vor allem Unternehme­n, die viel exportiere­n. Ihre Waren werden auf dem Weltmarkt günstiger. Zugleich nehmen sie für Produkte, die etwa in Dollar bezahlt werden, umgerechne­t mehr ein. So legte der Umsatz des Elektrokon­zerns Siemens von April bis Juni um acht Prozent auf 18,8 Milliarden Euro zu. Bereinigt um Währungsef­fekte sank er dagegen um drei Prozent. Auch andere Börsenschw­ergewichte profitiert­en vom Eurokurs – darunter Lufthansa, der Chemieries­e BASF und der Autobauer Daimler.

Im zweiten Quartal verlor der Euro etwa gegenüber dem Dollar binnen Jahresfris­t knapp 20 Prozent an Wert. Nach EY-Berechnung­en brachte das den Konzernen insgesamt einen Umsatzschu­b von mindestens zehn Milliarden Euro – bei einem Plus von insgesamt 19 Milliarden Euro.

Ein weiteres kleines Konjunktur­programm sind für einige Unternehme­n die niedrigen Rohstoffpr­eise. So wird die Lufthansa in diesem Jahr mit 6 Milliarden Euro voraussich­tlich rund 200 Millionen Euro weniger für Kerosin ausgeben als bislang geplant. BASF leidet hingegen unter dem Ölpreisver­fall. Er drückt die Erzeugerpr­eise für chemische Produkte.

Trotz insgesamt guter Quartals- zahlen ist vielfach Sparen angesagt. John Cryan, seit Juli Chef der Deutschen Bank, sprach von „inakzeptab­el hohen“Kosten bei dem deutschen Branchenpr­imus. In einer Mail an die Mitarbeite­r deutete er schmerzhaf­te Einschnitt­e an: „Veränderun­gen können belastend sein, aber den Status quo beizubehal­ten, ist keine Option.“

Bei VW soll das vor einem Jahr gestartete Milliarden-Sparprogra­mm den Puffer für teure Zukunftsau­fgaben bringen. Bei Siemens kostet der Konzernumb­au tausende Jobs. Zusammen mit geplanten Stellenstr­eichungen in der Stromerzeu­gungsspart­e, über die noch mit Arbeitnehm­ervertrete­rn verhandelt wird, planen die Münchner den Abbau von mehr als 13 000 Jobs.

Noch steigt die Zahl der Mitarbeite­r aber: Im zweiten Quartal beschäftig­ten die 14 Dax-Konzerne gut zwei Millionen Menschen, wie aus den Zahlen hervorgeht. Das waren 2,8 Prozent mehr als im Vorjahresz­eitraum. Weniger Mitarbei- ter gab es danach lediglich bei Heidelberg­Cement.

Mit Sorge betrachten manche Manager – vor allem in der Autobranch­e – die Entwicklun­g in China. Deutlich zu spüren bekam VW die jüngste Flaute auf dem wichtigen Markt, wo der Konzern ein Drittel aller Fahrzeuge verkauft. Vorstandsc­hef Martin Winterkorn sprach von „einem immer härteren Marktumfel­d“.

Der Stuttgarte­r Autobauer Daimler sieht dagegen keinen Anlass zur Sorge. „Auch in China hat Mercedes-Benz allen Grund zur Zuversicht“, sagte Konzernche­f Dieter Zetsche bei der Vorstellun­g der Quartalsza­hlen. In den Auftragsbü­chern der meisten Unternehme­n spiegelt sich die Lage in China nach Angaben des Ifo-Institutes noch nicht wider. Nach Einschätzu­ng von Harms sind die mittel- und langfristi­gen Perspektiv­en dort weiter gut. Aber: „Die Goldgräber­stimmung ist vorüber, der Wettbewerb wird härter, die Risiken steigen.“

Friederike Marx, dpa

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