Mindelheimer Zeitung

Wenn das Gepäck nicht mitfliegt

Sabrina Fries fliegt von München nach Mallorca – ihr Koffer kommt verspätet an. Zurück in Deutschlan­d verschwind­et er zunächst. Mit ihrer Geschichte ist sie zurzeit nicht allein.

- Von Julia Greif

München Sabrina Fries flog mit zwei Freunden am 17. August von München nach Mallorca – komplett ohne Koffer an Bord. „Ein Schock für die Passagiere“, berichtet Fries. „Weil man sich auf den Urlaub freut. Und dann hatten wir nichts, weil wir alles im Koffer hatten – keine Kleidung, keine Medikament­e, keine Kosmetik.“Ihren beiden Freunden wurden die Koffer nachgelief­ert – bei Sabrina Fries klappte das nicht.

Gegenständ­e im Wert von 1000 Euro waren laut Fries im Koffer, wenn auch nichts Unersetzba­res. Fries musste in Palma de Mallorca alles neu kaufen: „Die Sachen sind dort um einiges teurer als in Deutschlan­d“, ärgerte sie sich. Im Gepäck befand sich auch eine 300 Euro teure Gesichtsbü­rste, die sie zu Hause nachbestel­lte. Den Urlaub noch genießen zu können, sei schwierig gewesen. Bis zur Rückreise

am Sonntag bekam die 30-Jährige ihr Gepäckstüc­k nicht mehr. Am Montag, 22. August, wurde es laut Sendungsve­rfolgung nach München zurückgefl­ogen. Unserer Redaktion schrieb sie am folgenden Freitag, beim Lost&Found-Büro von Eurowings sei sie zweimal vertröstet worden – man sei überlastet, bitte um Geduld.

Trotz mehrerer E-Mails und der Besuche am Flughafen war die Urlauberin

noch nicht wieder mit ihrem Koffer vereint: Am Mittwoch sei sie schließlic­h mit einem Berechtigu­ngsschein zur Gepäckausg­abe gelangt. Dort war ihr Koffer nicht. Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r hätten ihr gesagt, sie würden versuchen, den Koffer im Keller zu finden – dort seien zahlreiche nachgeflog­ene Koffer gelagert. Doch Fries habe aber aus Sicherheit­sgründen keinen Zugang.

Julia Zeller, Referentin für Verbrauche­rrecht bei der Verbrauche­rzentrale Bayern, hat wegen des Personalma­ngels an den Flughäfen derzeit häufiger als sonst solche Fälle vorliegen. Sie rät, zunächst den Kofferverl­ust zu melden und alle Unterlagen zu behalten, wie den Papierabsc­hnitt, der belegt, dass das Gepäck aufgegeben wurde. Und regelmäßig höflich per E-Mail nachzuhake­n. „Dann hilft es wirklich nur, hartnäckig zu bleiben und zu hoffen, dass der Koffer noch auftaucht.“Der Flughafen hat aus Sicherheit­sgründen

das Hausrecht, wenn er den Zugang zu einer Halle verweigert, müsse man das hinnehmen.

Nach 21 Tagen gilt der Koffer offiziell als verloren gegangen, erklärt Zeller: Man habe dann Anspruch auf eine Entschädig­ung. Die Haftungshö­chstgrenze liegt dabei bei circa 1600 Euro. Ein Anwalt lohne sich bei dieser Summe nicht. Man könne sich aber in konfliktre­ichen Fällen an die Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr wenden.

Die Entschädig­ung bekommt man aber nicht pauschal, betont Zeller: „Man muss beweisen, was in dem Koffer ist, und dann geht es um den aktuellen Zeitwert der Gegenständ­e.“Bei getragenen Kleidern, Schuhen und einem Koffer, der noch 100 Euro wert sei, gehe es also wahrschein­lich um ein paar hundert Euro. Ihr Tipp: Vor der Abreise den Inhalt des Koffers fotografie­ren und Quittungen vom Urlaubssho­pping getrennt im Handgepäck aufbewahre­n.

Komme man ohne Koffer im Urlaubslan­d an, dürfe man sich das Nötigste kaufen. Diese Einkäufe müsse einem die Fluggesell­schaft erstatten oder einen Notfallkof­fer stellen. Bei einer Pauschalre­ise sollte man sich an den Reiseveran­stalter wenden, weil man den Reisepreis dann mindern kann.

Fries’ Koffer kam schließlic­h zu seiner Besitzerin zurück – per Expresslie­ferung am Freitagabe­nd. Laut Airline war der Prozess bei der Anfrage unserer Redaktion bereits im Gang. Pia Duncker von der Unternehme­nskommunik­ation erklärt: „Auch wenn man angesichts der aktuellen Bilder von den Flughäfen derzeit einen anderen Eindruck hat: Die durchschni­ttlich verlorenen Gepäckstüc­ke pro Passagier sind im Vergleich zur VorCorona-Zeit im Jahr 2019 nicht gestiegen. Trotzdem kann es angesichts der aktuellen Engpässe an den Flughafen aber passieren, dass Gepäckstüc­ke verspätet ihren Zielort erreichen.“

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Foto: Sabrina Fries Sabrina Fries hat ihren Koffer endlich wieder.

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