Was Geimpfte jetzt wieder dürfen
CoronaTests Nach einer EU-Richtlinie könnte die Regierung teilweise auf die Mehrwertsteuer verzichten. Aber sie macht davon keinen Gebrauch
Berlin Menschen, die eine CoronaInfektion überstanden haben oder vollständig geimpft sind, bekommen wohl schon am Wochenende einen Teil ihrer Freiheit zurück. Nach dem Bundestag hat am Freitag auch der Bundesrat für die Verordnung aus dem Justizministerium gestimmt. Kontakt- und nächtliche Ausgangsbeschränkungen fallen für die Betroffenen weg. Bei Treffen mit anderen Personen werden sie nicht mitgezählt. Vollständig Geimpfte müssen außerdem in Geschäften oder beim Friseur keinen Corona-Test mehr machen. Allerdings gelten auch für sie weiterhin die Maskenpflicht an bestimmten Orten und in Gebäuden und die Abstandsregeln. Weitere Details finden Sie in der Politik.
Berlin Im Kampf gegen die CoronaPandemie sind Tests ein wesentlicher Baustein in der RegierungsStrategie. Sie sind im Laufe der Zeit billiger geworden, könnten allerdings noch günstiger sein, wenn die schwarz-rote Regierung es denn wollte. Denn es gibt eine EU-Richtlinie, wonach Anwendungen in der sogenannten In-vitro-Diagnostik von der Mehrwertsteuer befreit werden können. Die Regierung nutzt diesen Spielraum nicht, die Auswirkungen sind gewaltig: Das Volumen beläuft sich auf bis zu 110 Millionen Euro pro Monat, wie aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht. Das Papier liegt unserer Redaktion vor.
Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Impfstoffe, Impfzubehör und Dienstleistungen gänzlich von der 19-prozentigen Umsatzsteuer befreit werden können oder unter den ermäßigten Steuersatz von sieben
Prozent fallen. Die Bestimmung trat am 11. Dezember in Kraft, Union und SPD wendeten sie nicht an. Die Antwort der Bundesregierung bezieht sich nur auf die Tests, es handelt sich um Schätzzahlen, weil den Angaben zufolge keine statistischen Daten vorliegen. Demnach beliefen sich die „rechnerischen Umsatzsteuermindereinnahmen“bei einer Nullbesteuerung auf rund 110 Millionen Euro pro Monat. Zusammen ergibt das eine Summe von mittlerweile rund einer halben Milliarde, die die Tests seit Ende letzten Jahres mehr gekostet haben als nötig. Würde der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent angewendet, wären es rund 70 Millionen Euro.
Die FDP-Bundestagsfraktion dringt seit langem darauf, dass die Steuerbefreiung auch in Deutschland umgesetzt wird. „Mit ihrer Untätigkeit verteuert die Bundesregierung die Bekämpfung der Pandemie und insbesondere das Testen in erheblichem Maße. Unnötige Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe
sind der nächste Schritt in einer langen Kette von Pannen“, sagte der Abgeordnete Till Mansmann unserer Redaktion.
Mansmann, der dem Finanzausschuss des Bundestags angehört, bekräftigte die Forderung seiner Partei, die Regierung möge endlich die Entlastungsmöglichkeiten voll ausschöpfen – auch beim Impfen: „So könnten wir einen erschwinglicheren Zugang zu Impfstoffen und Invitro-Diagnostika sicherstellen.“Es sei „ein typisch deutsches Problem, wenn unnötige Bürokratie und Abgaben den Kampf gegen die CoronaPandemie behindern“.
Andere Länder sind weiter als Deutschland. Österreich, Italien, Spanien, Frankreich, Belgien und die Niederlande haben von der EURichtlinie bereits im Dezember Gebrauch gemacht. Weitere Staaten folgten. „Unsere europäischen Partner machen vor, wie es bei uns aussehen könnte. Die Bundesregierung muss jetzt dringend nachziehen“, forderte Mansmann.