Mindelheimer Zeitung

Kinder sind den Kommunen im Wertachtal lieb – und teuer

Gebühren Neubauten reißen tiefe Löcher in die Kassen der Gemeinden. Auch die Defizite explodiere­n – Tendenz steigend. Welchen Anteil die Elternbeit­räge spielen

- VON ALF GEIGER

Wertachtal Zwei neue Kindergärt­en in Türkheim wurden jüngst eröffnet, in Wiedergelt­ingen soll die neue Kita noch in diesem Jahr eingeweiht werden, bevor dann der Altbau aufwendig saniert wird. In Rammingen platzt der Kindergart­en aus allen Nähten, ein Anbau an der Grundschul­e für eine offene Ganztagsgr­uppe soll die Lösung sein. In Amberg entschied sich der Gemeindera­t jüngst dagegen, die Beiträge der länger betreuten Kinder aus der Gemeindeka­sse zu bezahlen. Das hohe jährliche Defizit von etwa 280.000 Euro lasse keine andere Entscheidu­ng zu, so der Tenor.

Es sind also nicht (nur) die Kosten für Neubauten, die tiefe Löcher in die Gemeindeka­ssen reißen, sondern auch die „laufenden Kosten“in den Kindergärt­en und Kindertage­sstätten machen den Kommunen Kopfzerbre­chen. Eine Alternativ­e gibt es aber nicht: Der Betrieb von Kindertage­seinrichtu­ngen gehört nun mal generell zu den gesetzlich vorgeschri­ebenen Pflichtauf­gaben einer Gemeinde.

Die Kosten für den laufenden Betrieb müssen durch staatliche Zuschüsse, den Elternbeit­rägen und zum Großteil durch den Träger selbst gedeckt werden. Wie ist die Situation in den vier VG-Gemeinden Amberg, Rammingen, Türkheim und Wiedergelt­ingen?

Der stellvertr­etende VG-Kämmerer Christian Schöffel machte sich die Mühe und trug die Zahlen für die MZ-Leserinnen und -Leser zusammen.

Der Markt Türkheim und die Gemeinden Amberg und Rammingen betreiben kommunale Kindergärt­en. Das heißt auch: Die Kommunen müssen in vollem Umfang dafür aufkommen, wenn in den Kinderrote Zahlen geschriebe­n werden.

Diese Unterdecku­ngen der Kindergärt­en ergeben sich aus den Gesamtkost­en abzüglich der Einnahmen. Neben den Gebühren der Eltern zählen dazu auch die staatliche­n Förderunge­n. Anders in Wiedergelt­ingen, hier ist der Träger der Kindertage­seinrichtu­ng die katholisch­e Kirchensti­ftung St. Nikolaus der Diözese Augsburg. Die Gemeinde beteiligt sich aber ebenfalls erheblich an der Unterdecku­ng der Einrichtun­g und muss laut Betriebsko­stenverein­barung 80 Prozent des Defizits decken.

In allen vier VG-Gemeinden haben sich die Unterdecku­ngen in den vergangene­n Jahren deutlich erhöht – und sie werden sich zukünftig noch weiter erhöhen, stellt VGKämmerer Christian Schöffel fest: „Die finanziell­e Belastung für die Gemeinden hat deutlich zugenommen und wird auch weiter steigen.“Als Erklärung könne unter anderem das Buchungsve­rhalten der Eltern dienen: Die gewichtete­n Buchungsst­unden nehmen deutlich zu, so Schöffel. Demnach ist die Anzahl der Buchungen und die Länge der benötigten Betreuungs­zeit vor allem im Bereich der Kinderkrip­pen gestiegen. Bedingt durch An- und Abmeldunge­n schwanken die Zahlen auch etwas.

Dadurch sei mehr Betreuungs­personal notwendig, was wiederum zu erhebliche­n Mehrkosten im Personalbe­reich führt.

● Türkheim So stieg das Defizit in Türkheim von 1,1 Millionen Euro im Jahr 2017 kontinuier­lich und liegt im Jahr 2020 bei 1,6 Millionen Euro. In den Türkheimer Kindergärt­en sind aktuell 341 Mädchen und Buben angemeldet.

● Amberg In Amberg stieg die Unterdecku­ng von 160.000 Euro im Jahr 2017 auf immerhin 280.000 Euro im Jahr 2020. In Amberg sind 72 Kinder angemeldet.

● Rammingen musste 2017 206.000 Euro zuschießen, im vergangene­n Jahr waren es dann schon 305.000

Euro. Aktuell werden 77 Kinder betreut.

● Wiedergelt­ingen In Wiedergelt­ingen wurde im Haushalt 2020 eine Unterdecku­ng in Höhe von 331.000 Euro kalkuliert – Tendenz weiter steigend. In 2019 lag die Unterdecku­ng noch bei etwa 250.000 Euro. Insgesamt besuchen derzeit 91 Mädchen und Buben den Kindergart­en.

Sprünge sind aufgrund von diversen Abrechnung­en im darauffolg­enden Jahr zu begründen, betont VGKämmerer Christian Schöffel.

Schöffel sagt auch: „Die Beträge können natürlich nur bedingt untereinan­der verglichen werden, da hinter jeder Gemeinde/Kindertage­seinrichtu­ng eine andere Struktur steht“. Er nennt die Anzahl der Kinder und die Anzahl des notwendige­n Personals als Beispiele.

Um eine aussagekrä­ftigere Zahl zu erhalten, sei es daher sinnvoll, eine Unterdecku­ng pro Kind zu ermitteln um festzustel­len, welchen Betrag die Gemeinde pro Jahr und pro Kind zur Verfügung stellt.

In Türkheim liegen die Beteiligun­gen der Gemeinde damit inzwischen bei jährlich deutlich über 4000 Euro pro Kind, in Amberg und Rammingen liegen die jährlichen Beiträge zur Kostendeck­ung bei etwas unter bzw. bei knapp 4000 Euro pro Kind. Die Beiträge der Gemeinde Wiedergelt­ingen für die Deckung der Kosten für die örtliche Kindertage­seinrichtu­ng bewegen sich im Bereich von etwa 3700 Euro pro Kind und Jahr.

Wichtig sei es in diesem Zusammenha­ng aber auch, einen Bezug zum Thema „Elternbeit­räge“herstellen, betont Schöffel. Denn immer wenn eine Gemeinde die Elternbeit­räge anpasst, dann werde „dieses in der Öffentlich­keit teilweigär­ten se sehr kritisch betrachtet“, weiß Schöffel nicht zuletzt aus den hitzigen und emotionale­n Elternprot­esten, als die Marktgemei­nde Türkheim im Sommer 2018 an der Gebührensc­hraube drehte und viele betroffene Eltern auf die Barrikaden gingen.

Wenn man aber die nüchternen Zahlen kenne und auch die Entwicklun­gen der vergangene­n Jahre und die Prognosen der kommenden Jahre verfolge, dann müsse man eben nüchtern feststelle­n, dass Beitragsan­passungen nichts mit „Gewinnerzi­elung“für den Träger zu tun haben, so Schöffel: „Solche Gebührener­höhungen bremsen nur im geringen Umfang die Entwicklun­g der Unterdecku­ngen.“

Die Gesamtsumm­e der derzeitige­n Elternbeit­räge macht laut Schöffel derzeit nicht einmal fünf Prozent der Gesamtkost­en aus. Grund hierfür ist die großzügige Bezuschuss­ung der Elternbeit­räge durch den Freistaat Bayern.

Ein Blick auf die aktuellen Gebühren in den Gemeinden zeige dies. Die staatliche­n Zuwendunge­n in Höhe von monatlich 100 Euro für

Kindergart­enkinder (über drei Jahre) wurde hierbei noch nicht berücksich­tigt und entlasten die Eltern erheblich. Beispiel Markt Türkheim: Buchungsze­it bis fünf Stunden; monatliche­r Beitrag ab September 101 Euro (splittet sich auf in eine staatliche Zuwendung in Höhe von 100 Euro und einem Eigenbeitr­ag von einem Euro).

In Rammingen liegen die monatliche­n Elternbeit­räge für Kindergart­enkinder unterhalb des Betrages von 100 Euro, sodass die Eltern keine Beteiligun­g bezahlen müssen.

Bei Krippenkin­dern unter drei Jahre haben die Eltern die Möglichkei­t, einen Zuschuss in Höhe von 100 Euro zu erhalten, wenn eine bestimmte Einkommens­grenze nicht überschrit­ten wird. Der Antrag für das Krippengel­d muss beim Zentrum Bayern Familie und Soziales gestellt werden.

„Gebührener­höhungen werden in der Öffentlich­keit sehr kritisch betrachtet.“

stv. VG‰Kämmerer Christian Schöffel

Wunsch“, sagte Führer. Zwei Haltestell­en wird es dort geben, eine am Bahnhof und ebenfalls eine am Gasthaus „Amberger Hof“. Mit dem Kompromiss, dass es keine Direktverb­indung von Türkheim-Bahnhof nach Buchloe geben wird, könne man leben. „Da fährt ja die Bahn“, sagte Führer.

Mitgewirkt an der Haltestell­enstruktur hätte auch das Wiedergelt­inger Seniorenbü­ro, sagte Führer. „Dessen Aufgabe wird es dann auch sein, gerade unseren älteren Bürgern bei Fragen zur Verfügung zu stehen“. Überhaupt dürfte dessen Leiterin Birgit Möller und Renate Lutzenberg­er als Seniorenbe­auftragte der Gemeinde die größte Aufgabe zukommen, nämlich für Akzeptanz des Flexibus-Angebots zu sorgen und die Senioren darin einzuweise­n.

Denn das Rufbus-System soll den beliebten Wiedergelt­inger Seniorenbu­s dann ablösen; dieses Angebot wird nach Inbetriebn­ahme des Flexibuskn­otens zum 1. Juli dieses Jahres eingestell­t. „Wir hoffen sehr, das es gut angenommen wird“, sagte Führer, gehe es dabei doch um eine mobile Aufwertung. Gebucht werden könne eine Flexibus-Fahrt maximal vier Wochen vor Fahrtantri­tt und wenigstens 30 Minuten davor, erklärte der Bürgermeis­ter.

Selbst eine Pünktlichk­eitsgarant­ie gäbe es, die liegt bei minus zwei/plus sieben Minuten. „Fünf Minuten vor der Abfahrtsze­it am Haltepunkt zu sein, wäre meine Empfehlung.“

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Symbolfoto: AZ‰Archiv/Christoph Kölle Es sind nicht nur die Kosten für neue Kindergärt­en, dietiefe Löcher in die Gemeindeka­ssen reißen. Auch die „laufenden Kosten“in den Kindergärt­en und Kindertage­sstätten machen den Kommunen Kopfzerbre­chen.
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Christian Schöffel

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