Wörishofens Friseure sind bereit für den Ansturm
Wirtschaft Heute dürfen die Friseure wieder öffnen. Über „unmoralische Angebote“im Vorfeld und auf Wochen ausgebuchte Betriebe
Bad Wörishofen Der Kampf gegen wucherndes Haupthaar, lästigen Spliss und freudig sprießende Barthaare war seit Anfang Dezember vergangenen Jahres nur vor dem heimischen Badezimmerspiegel möglich. Doch nun ist für die Träger langer „Corona-Mähnen“der Weg zur Abhilfe frei und die Zeit der Haarschnitte Marke Eigenbau vorerst vorbei. Am heutigen Montag dürfen die Friseur-Salons nach einer staatlich verordneten Zwangspause wieder öffnen und die Figaros zu Kamm, Schere und Föhn greifen. Dies aber nur unter strengen Hygieneauflagen. In Bad Wörishofens Salons erwartet man Hochbetrieb.
„Ohne Termin geht gar nichts“ lässt die Branche verlauten. Angesichts des riesigen Ansturms auf den ersten Termin nach dem Lockdown und nach mehr als 150 Anrufen versteigerte ein Bayreuther Friseur diesen für 422 Euro und einen guten Zweck. Auch in den Salons in Bad Wörishofen klingelte in den vergangenen Tagen das Telefon am laufenden Band. Man sei erst einmal froh, dass die Salons wieder aufschließen dürfen und die Kunden die Treue gehalten haben, sind sich die Inhaber einig, die die Mindelheimer Zeitung befragt hat. Die Zunft gibt sich zuversichtlich, macht aber deutlich, dass spontane Besuche derzeit nicht möglich sind.
Auch Friseurmeisterin Alexandra Kotter legt heute wieder los. Sie hat ebenfalls viele Anrufe von Kunden bekommen, die möglichst schnell einen Termin wollten. „Selbst auf der Straße und beim Einkaufen wurde ich von Leuten angesprochen, die mich zu einem Hausbesuch überreden wollten“, erzählt Kotter. Für sie ein Tabu. „Von Schwarzarbeit halte ich gar nichts, weil hohe Bußgelder drohen und auch die Hygieneregeln nicht eingehalten werden können“, sagt sie. Und die sind im Salon Kotter recht ausgeklügelt. So werden die Arbeitsgeräte ständig desinfiziert und es gelten die gängigen Abstandsregeln. Für Kunden gilt die FFP2-Maskenpflicht, wer zum Haarschnitt kommt, muss seine Kontaktdaten hinterlassen. Kotter hat in ihrem Salon zudem ein Luftreinigungsgerät installieren lassen. Handtücher und Umhänge werden speziell gewaschen und desinfiziert.
Obwohl die Friseurmeisterin in den vergangenen Monaten große finanzielle Einbußen hinnehmen musste und sie von der beantragten staatlichen Überbrückungshilfe noch keinen Cent gesehen hat, ist sie guten Mutes. „Man muss nach vorne schauen und sich an die Regeln halten“, lautet ihre Devise. Während Alexandra Kotter ihren Salon schließen musste, hatte sie mehr Zeit für die Familie und ihre Kinder. „Homeschooling hat mich ganz schön auf Trab gehalten“, sagt sie.
Auch im Salon König in Bad Wörishofen stand das Telefon in den vergangenen Tagen nicht still. Für die nächste Zeit ausgebucht, kann Sabrina König keine Termine mehr vergeben. „Höchstens kleine Haarschnitte für Herren sind zwischendurch machbar“, sagt sie und verhehlt nicht, dass auch sie viele „unmoralische Angebote“von Kunden bekommen habe, die viel auf ihre Haarpracht halten. „Die haben mich auf der Straße angesprochen und mich auf einen Kaffee nach Hause eingeladen und dabei bemerkt, ich soll doch meine Schere mitbringen“, berichtet König.
Die Friseurmeisterin habe strikt abgelehnt und keine Ausnahme gemacht. Was Sabrina König besonders schmerzt, sind „die enormen finanziellen Einbußen“während des Lockdowns. „Den Umsatz von mehr als zwei Monaten aufzuholen, das ist einfach nicht zu schaffen“, klagt sie und kritisiert, dass von den von der Bundesregierung zugesagten Überbrückungshilfen erst die Hälfte bei ihr angekommen sei. Zudem decke das Geld nur zu 90 Prozent ihre Fixkosten wie Miete und Versicherungen.
Mit ähnlichen Problemen muss sich auch Friseurmeisterin Ulrike Huxoll vom Salon „Loft-Hair“in Bad Wörishofen herumschlagen. Auch ihr Geschäft ist für die nächsten drei Wochen ausgebucht. Und immer noch läutet ständig das Telefon, kommen E-Mails von Kunden
Spontane Besuche sind in den meisten Friseursalons nicht möglich
Die Friseure haben sich nicht zu Hausbesuchen überreden lassen
herein, die sich möglichst schnell eine schicke Frisur wünschen. Da ist Geduld angesagt. Auch die Loft-Hair-Chefin und ihre vier Mitarbeiter haben sich nicht zu Hausbesuchen ködern lassen. „Für gute Kunden haben wir lediglich Farben angerührt und ihnen angeboten, sie im Zuge von Click & Collect abzuholen“, berichtet sie. Auch Huxoll hat staatliche Finanzhilfe beantragt. Schon aus dem Grund, weil ihr das Hauptgeschäft vor Weihnachten 2020 komplett weggebrochen ist.
Wer sich nun für einen frühen Termin beim Figaro seines Vertrauens bedanken will, kann dies ab dem heutigen Montag übrigens auch durch die Blume tun. Denn neben den Friseuren dürfen in Bayern auch Baumärkte, Gärtnereien und Blumenläden wieder für die Kunden öffnen.