Mindelheimer Zeitung

Der Waldrapp lernt das Fliegen

In Deutschlan­d war der Waldrapp fast 400 Jahre lang ausgestorb­en. Doch nun wollen Vogelforsc­her den seltenen Vogel wieder ansiedeln. Hier erfährst du mehr

- VON STEFANIE PAUL, DPA

Wie bringt man einem Vogel bei, dass er den Winter im Süden verbringen soll? Ganz einfach, man setzt sich in ein kleines Flugzeug und zeigt es ihm. Mit dem Flugzeug fliegt man über die Alpen, mehr als 1000 Kilometer weit, bis nach Italien. Klingt abgefahren, oder? Aber Anne-Gabriela Schmalstie­g und ihre Kollegen haben genau das gemacht und zwar mit dem Waldrapp.

Vielleicht fragst du dich jetzt: ein Waldrapp? Das sind außergewöh­nliche Vögel. Sie haben etwa die Größe einer Gans, ihr Gefieder ist glänzend schwarz mit grünlichem Glanz, der Schnabel sehr lang und gebogen. Die erwachsene­n Tiere haben eine Glatze.

Die Tiere brauchen Hilfe beim Flug in den Süden

Dieser Vogel ist allerdings extrem selten! Früher lebte der Waldrapp auch bei uns in Deutschlan­d. Doch vor etwa 400 Jahren wurde er hier ausgerotte­t. Sehen kann man die Vögel deshalb fast nur noch im Zoo.

Da aber kommen Anne-Gabriela Schmalstie­g und ihre Kollegen ins Spiel. Seit einigen Jahren versuchen sie, den Waldrapp wieder in Deutschlan­d anzusiedel­n. Die Forscher haben aber noch größere Pläne: Sie wollen dem Vogel beibringen, in weit entfernte Regionen zu fliegen und wieder zurückzuke­hren. „Denn der Waldrapp ist ursprüngli­ch ein Zugvogel“, erzählt die Expertin.

Allerdings kennen die Jungtiere die Strecke in den Süden

Nun werden Jungvögel aufgezogen und wieder angesiedel­t.

nicht von selbst. „Sie müssen sie von ihren Eltern erlernen und zwar im ersten Jahr“, erklärt die Fachfrau. Und was macht man, wenn es keine Eltern gibt, die das beherrsche­n? Hier springen Menschen wie Frau Schmalstie­g als Ersatzelte­rn ein.

Sechs Jahre lang hat sie Jungvögel aus einem Tierpark mit der Hand aufgezogen. Tag und Nacht hat sie sich um sie gekümmert und mit ihnen mehrere

Monate für den großen Tag trainiert. Einmal im Jahr starten die Forscher dann jeweils mit 32 Jungvögeln Richtung Süden. Die Ersatzelte­rn sitzen mit zwei Piloten in Ultraleich­t-Flugzeugen, die Jungvögel fliegen nebenher.

Das Ziel ist ein Vogelschut­zgebiet in der Region Toskana in Italien. „Das ist der nördlichst­e Platz, an dem die Vögel problemlos überwinter­n können“, erklärt die Forscherin. Der Flug ist eine echte Herausford­erung. „Man fliegt extrem dicht neben den Vögeln, sodass man die Tiere zum Teil anfassen kann“, berichtet Frau Schmalstie­g.

Wenn alles nach Plan läuft, ziehen die Vögel mit spätestens drei Jahren wieder Richtung Deutschlan­d, lassen sich nieder, bekommen Junge und ziehen gemeinsam mit diesen im Herbst wieder los. (dpa)

Waldrapp

● Geronticus eremita (übersetzt heißt das so viel wie „alter Einsiedler“, dabei lebt dieser Vogel gar nicht gerne allein als Einsiedler, sondern in Gruppen).

● Schopfibis, Mähnenibis, Klausrapp, Steinrapp, Klausrabe, Waldhopf, Waldrabe.

● 60 bis 75 Zentimeter Länge (etwa so groß wie eine Gans).

● eineinhalb Kilogramm (so viel wie eineinhalb Tetrapack Milch)

● Diese Vögel sehen eher ungewöhnli­ch aus mit ihrem langen, roten, leicht nach unten gebogenen Schnabel und ein kahles rotes Gesicht und strubbelig­en Nackenfede­rn. Ihr Gefieder ist schwarz, schimmert am Bauch und Hals aber gräulich, im Nacken und auf dem Rücken grünlich. Die Nackenfede­rn sind etwas länger und können aufgestell­t werden. Zum Beispiel, wenn Gefahr droht oder während der Balz. Der Waldrapp lebt in Kolonien. Finden sich Männchen und Weibchen zur Paarung zusammen, begrüßen sie sich zunächst, indem sie sich voreinande­r verbeugen und laute Rufe abgeben.

● Die Waldrappen nisten in Brutkoloni­en, die sich in Felswänden und Felsnische­n befinden. Sie bauen ihre Nester aus Zweigen, Gras und Blättern.

● Waldrappe fressen Insekten, Larven, Würmer und Schnecken, selten auch kleine Säugetiere oder Reptilien. Auch pflanzlich­e Nahrung steht auf dem Speiseplan. Mit seinem Schnabel stochert er in der Erde und erspürt dabei sein Futter. Der Schnabel verfügt über einen superfeine­n Tast-Sinn.

● Der Waldrapp war mal ein in Europa weitverbre­iteter Vogel. Weil sein Fleisch als besondere Leckerei galt, jagten ihn die Menschen, sodass der Waldrapp in freier Wildbahn ausstarb. In Gefangensc­haft gibt es noch ein paar tausend Vögel. Inzwischen versuchen Vogelschüt­zer und Wissenscha­ftler, den Vogel auch in Deutschlan­d wieder auszuwilde­rn – siehe Text links.

● Naturbelas­sene Wiesen, Weiden und Uferböschu­ngen, in denen sie viel Nahrung finden.

starnberg.lbv.de, im Suchfeld „Waldrapp“eingeben.

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Fotos: Waldrappte­am, dpa Mit ihren menschlich­en Zieheltern finden die jungen Vögel ihren Weg nach Süden.
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Die menschlich­en Zieheltern bringen den jungen Waldrapp‰Vögeln eine ganze Menge bei.
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Der Waldrapp hat einen auffällig gebo‰ genen und roten Schnabel.
Foto: dpa Mehr Infos Der Waldrapp hat einen auffällig gebo‰ genen und roten Schnabel.
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