Millionen gegen Antisemitismus
Politik Wie die bayerische Staatsregierung verhindern will, dass sich judenfeindliche Anschläge wie der in Halle wiederholen
Justizminister Georg Eisenreich (CSU) will zudem durch eine Bundesratsinitiative für eine härtere Bestrafung judenfeindlicher Straftaten in ganz Deutschland sorgen: So sollen antisemitische Beweggründe künftig im Strafgesetzbuch als eigener Punkt für die Strafzumessung erfasst werden. Schon heute werde bei antisemitischen Straftaten in Bayern immer ein öffentliches Interesse festgestellt – und damit eine strafrechtliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft sichergestellt, erklärte Eisenreich.
Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Bayern hatte im vergangenen Jahr mit 219 einen neuen Höchststand erreicht. Der Antisemitismus-Informationsstelle „Rias“wurden zudem im ersten Halbjahr dieses Jahres 96 Vorfälle gemeldet: 40 Mal wurde der Holocaust geleugnet, 14 Mal Juden für das Böse in der Welt verantwortlich gemacht. „Wir gehen von einer weit größeren Dunkelziffer aus“, sagt Rias-Leiterin Annette Seidel-Arpaci.
Im Landtag warfen SPD und Grüne der CSU/FW-Regierung am Dienstag vor, zu wenig gegen den stärker werdenden Rechtsextremismus in Bayern zu tun: Radikalisierung laufe nicht mehr „in kleinen Zirkeln am Rande der Gesellschaft“ab, sondern vor allem im Internet „mitten unter uns“, warnte der SPD-Abgeordnete Florian Ritter. Notwendig sei deshalb etwa ein eigenes „Landesprogramm für Demokratie und Vielfalt“.
Mehrere Redner anderer Parteien warfen zudem der AfD eine Mitverantwortung für die Tat von Halle vor: Die von der AfD befeuerte „Verrohung in Wort und Tat“habe eine Stimmung erzeugt, „die den Täter motiviert hat“, kritisierte FDP-Fraktionschef Martin Hagen. „Wie können Sie es wagen, der AfD geistige Mittäterschaft an der Tat eines geistig verwirrten Einzeltäters zuzuweisen?“, schoss AfD-Mann Richard Graupner zurück. Vielmehr seien es die „Alt-Parteien“, die durch falsche Toleranz und unkontrollierte Zuwanderung erst „Angstträume für Juden“hätten entstehen lassen, so Graupner.
Der Rechtsaußen-Flügel der AfD, zu der auch Graupner zählt, positioniere sich „ganz bewusst neben dem demokratischen Spektrum“, hielt Innenminister Herrmann dagegen. Tabubrüche, wie das Verächtlichmachen des Holocaust-Gedenkens, seien dabei zentraler Bestandteil. Das Ziel sei ein anderes Deutschland: „Wir wollen aber kein anderes Deutschland“, beteuerte Herrmann. Demokraten würden deshalb dem Treiben der AfD „nicht tatenlos zuschauen“.
Parteien wettern gegen die AfD