Schmerzmittel und andere Tricksereien
Den menschlichen Körper und dessen Sinne zu überlisten, ist mitunter ein Leichtes. Jeder kennt optische Täuschungen, etwa ein Bild, das eine junge und zugleich eine alte Frau zeigt. Mancher sieht das eine, mancher das andere, mancher beides. Das Täuschen auf die Spitze treiben Magier, die allerhand vorgaukeln. Mal zersägen sie Jungfrauen, mal zaubern sie Kaninchen aus dem Hut, mal lassen sie Menschen schweben oder verschwinden. Letztlich beabsichtigen die Houdinis stets, das menschliche Gehirn auszutricksen.
Prinzipiell lässt sich das auch mit Schmerz bewerkstelligen. Wobei man mit Hütchen-List und Entfesselungskunst nicht weit kommt, wenn der Botenstoff Prostaglandin seinen Auftrag erfüllt. Da die Methode des transferierten Schmerzes selten befriedigt – sich aufs Knie schlagen, um Kopfschmerzen zu bekämpfen, löst auf Dauer nicht das Problem –, können Medikamente Abhilfe schaffen. Vereinfacht dargestellt wirken diese so: Kein Botenstoff, kein Schmerz = Körper ausgetrickst.
Nun spricht prinzipiell nichts dagegen, sich einmalig eine Ibu-Tablette einzuwerfen, wenn stundenlanges Sitzen im Büro zu Muskelverspannungen und Kopfaua führt. Anders verhält es sich indes, wenn im Profisport um Triumphe, Medaillen, letztlich um hunderttausende Euro gesprungen und gelaufen wird. Zwangsläufig drängt sich der Gedanke auf, wann Tricksereien den Rahmen des Erlaubten verlassen. Wer sich Tabletten einwirft, um Schmerz zu betäuben, der kramt vielleicht noch andere Schächtelchen und Fläschchen aus dem Apothekerschrank, um schneller, höher und weiter zu kommen.
Wenigstens unglücklich ist daher der Umstand, dass die amerikanische Schmerzmittelmarke Aleve die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii als Bühne nutzt; der Ableger des Bayer-Konzerns tritt als Sponsor auf. Die fragwürdige Botschaft dahinter: Wenn dein Körper unter enormer Belastung vor Schmerzen schreit, dann wirf dir ein paar Pillen ein – und weiter, ja vielleicht sogar schneller, geht’s.
Während Ironman-Funktionär Matthieu Van Veen die Partnerschaft bizarrerweise als „perfekt“bezeichnete, äußerte Christoph Simsch, der Anti-Doping-Beauftragte der Deutschen Triathlon Union, sein Unverständnis. Aus medizinischer als auch aus ethischer Sicht könne er die Partnerschaft nicht gut heißen, meinte Simsch.
Sanfte Kritik, die verhallen wird. Einzig richtig wäre, die Zusammenarbeit mit Aleve zu beenden – statt Medikamente als Erfüllungsgehilfen im Sport anzupreisen.