Mindelheimer Zeitung

Wieder Ärger um das Deutsche Museum

Millionen-Projekt Die seit Jahren laufende Generalsan­ierung des Altbaus läuft gewaltig aus dem Ruder. Woran hakt es besonders?

- VON HENRY STERN

München Immerhin, die Besucherza­hlen stimmen noch: Rund 1,8 Millionen Menschen besuchten 2018 das Deutsche Museum – trotz Großbauste­lle und reduzierte­r Ausstellun­g. Selbst das Ludwig-Schloss Neuschwans­tein kann da nicht mithalten. Der weltweite Ruf des maroden Münchner Museums-Dinos ist offenbar unerschütt­erlich.

Das Museum sei eben „ein Leuchtturm für uns alle“, findet die Landtagsab­geordnete Verena Osgyan (Grüne). Allerdings seien das Haus und seine Ausstellun­g arg „in die Jahre gekommen“. Zur Fertigstel­lung der seit 2015 laufenden Generalsan­ierung gebe es deshalb schlichtwe­g keine Alternativ­e. Doch das Projekt, für das bereits im Jahr 2010 von Bund, Land und privaten Spendern insgesamt 400 Millionen Euro bereitgest­ellt worden waren, droht finanziell und zeitlich aus dem Ruder zu laufen: 150 Millionen Euro extra sind nach aktuellen Schätzunge­n nötig, um die Bauarbeite­n zumindest zu beenden. Und ob die für 2025 geplante Neu-Eröffnung eingehalte­n werden kann, steht in den Sternen.

Natürlich gibt es Erklärunge­n für dieses Desaster: Der Altbau, 1925 fertiggest­ellt und nach dem Krieg nur notdürftig geflickt, habe sich trotz intensiver Vorprüfung als deutlich maroder erwiesen, als ursprüngli­ch gedacht. Dazu die überhitzte Baukonjunk­tur, die Bauaufträg­e deutlich teurer macht. Welche Folgen die kürzliche Insolvenz des für die Planung zuständige­n Architektu­rbüros hat, ist zudem noch unklar.

Doch es ist offensicht­lich nicht nur höhere Gewalt, die das Millionen-Projekt aus dem Ruder laufen lässt: Interne Controllin­g-Berichte verwiesen „auf große Defizite in der Führung“, warnt etwa Osgyan. So seien die Kostenstei­gerungen auch auf späte Umplanunge­n zurückzufü­hren. Neu ist solche Kritik nicht: Bereits 2015 warnte das zuständige Wissenscha­ftsministe­rium vor „Überforder­ung und Schwachste­llen“in der Bau-Organisati­on und deutlich höheren Kosten. Die Oberste Baubehörde wies zudem bereits im Oktober 2014 darauf hin, dass die 400 Millionen Euro bestenfall­s für eine Teilsanier­ung „mit einfachem Standard“reichen werden.

„Mit 400 Millionen Euro hätte man das Projekt wohl gar nicht erst anpacken dürfen“, findet heute der CSU-Abgeordnet­e Robert Brannekämp­er. Bevor man nun aber den gleichen Fehler macht und erneut willkürlic­he Kostendeck­el setzt, will der gelernte Architekt erst einmal Klarheit „über den Umfang der notwendige­n Sanierung“sowie kreative Einspar-Vorschläge. Zudem müssten sich neben dem Freistaat auch der Bund und die Privatwirt­schaft an den Mehrkosten beteiligen: „Schließlic­h ist es kein bayerische­s, sondern ein Deutsches Museum“, zürnt Brannenkäm­per.

„Risikofrei­e Aussagen zu den Mehrkosten sind derzeit nicht möglich“, warnt jedoch der seit letzten Dezember für das Projekt zuständige neue Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler (CSU). Denn im Münchner Isar-Sand wird zwar Steuergeld verbaut, das Museum ist aber formal unabhängig und saniert in eigener Verantwort­ung. „Dass wir nicht Bauherr sind, macht es schwierig“, sagt Sibler. Seine Vorgabe sei aber klar: „Nur bauen, was man auch bezahlen kann.“Die 150 Millionen Euro extra seien dabei „die äußerste Obergrenze“. Doch ob es dabei bleibt? Im Juli soll Museumsche­f Wolfgang Heckl im Landtag Rede und Antwort stehen. Das Projekt sei mit einer „Kostenlüge“begonnen worden, schimpft der SPD-Landtagsab­geordnete Volkmar Halbleib. Und niemand wisse, ob jetzt die Wahrheit gesagt werde.

Lesen Sie dazu den Kommentar auf der ersten Bayern-Seite.

 ?? Foto: Andreas Gebert, dpa ?? Das Deutsche Museum wird seit Jahren saniert.
Foto: Andreas Gebert, dpa Das Deutsche Museum wird seit Jahren saniert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany