Kaum eine Stadt braucht einen Profi dringender
Fast schon eine Art „eierlegende Wollmilchsau“braucht die Stadt Bad Wörishofen, wenn man auf die überfrachtete Stellenbeschreibung des Wirtschaftsförderers blickt: Sicherung und Pflege des Unternehmensbestandes, Ansiedelung und Akquisition von Unternehmen, Entwicklung einer wirtschaftsorientierten Standortstrategie, Maßnahmen zur Standortentwicklung für Gewerbe, Industrie und Einzelhandel, Maßnahmen zum Standortmarketing, gesamtstädtisches Flächenmanagement und Grundstücksbeschaffung, Fördermittelberatung, Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Wirtschaftsförderung und Verwaltung des Zweckverbandes „Interkommunaler Gewerbepark A 96“– all das steht in der Stellenausschreibung unter „Hauptaufgaben“. Wann die oder der Wirtschaftsförderer(-in) dann auch noch für die ebenfalls geforderte interne und externe Netzwerkarbeit Zeit haben soll?
Dass die Kneippstadt neue Impulse gut gebrauchen könnte, steht außer Frage. Das gilt für den Wirtschaftsstandort ebenso wie die touristische (Neu-)Ausrichtung als Kurort. Bad Wörishofen hat eine reiche und stolze Geschichte und das Potenzial scheint vorhanden. Doch dass der Lack von einst längst deutlich abblättert, kann auch niemand übersehen. Wohl kaum eine Stadt braucht einen Profi an dieser Schlüsselposition dringender als Bad Wörishofen. Es muss ein Ruck durch die Kneippstadt gehen, der alle Entscheidungsträger vereint und mitreißt. Ein engagierter, erfahrener Wirtschaftsfachmann/fachfrau soll dies erreichen und für Begeisterung sorgen. Soweit zur Theorie.
Die Praxis sieht so aus: Die Mehrheit im Stadtrat sagt zwar, dass sie einen Wirtschaftsförderer will. Gleichzeitig wird dem Bürgermeister auch genüsslich um die Ohren gehauen, dass dies eigentlich seine Aufgabe sein müsste: „Wirtschaftspolitik ist Chefsache“heißt es dann immer gerne. Das mag ja stimmen, doch auch ein „Kapitän“braucht gute und engagierte „Matrosen“, die ihm helfen, das Schiff auf Kurs zu halten – oder auf Kurs zu bringen.
Sollte dies aber ausgerechnet Bürgermeister Gruschka gelingen, indem er einen nachgewiesen erfolgreichen Wirtschaftsförderer präsentieren kann, würde das der Stadt bestimmt helfen, ihr Potenzial besser zu nützen. Es würde aber auch Gruschka nützen, da diese Position im Rathaus angesiedelt und dem Rathauschef direkt zugeordnet werden soll. Und genau das ist der Knackpunkt: Erfolge für Gruschka sind Gift für die Wahlkampfstrategie all derer, die ihn am liebsten aus dem Rathaus jagen würden. Bislang hat Gruschka im Bereich Wirtschaftspolitik ja tatsächlich nicht allzu viel vorzuweisen.
Und, wenn es nach dem Willen seiner (zahlreichen) Gegner am Stadtratstisch geht, darf das gerne auch so bleiben. Zumindest bis zur nächsten Kommunalwahl im Jahr 2020 wird ihnen dann bestimmt noch was einfallen, um die dringend benötigte Spitzenposition eines Wirtschaftsförderers zu zerreden.