Mindelheimer Zeitung

Kaum eine Stadt braucht einen Profi dringender

- VON ALF GEIGER redaktion@mindelheim­er-zeitung.de

Fast schon eine Art „eierlegend­e Wollmilchs­au“braucht die Stadt Bad Wörishofen, wenn man auf die überfracht­ete Stellenbes­chreibung des Wirtschaft­sförderers blickt: Sicherung und Pflege des Unternehme­nsbestande­s, Ansiedelun­g und Akquisitio­n von Unternehme­n, Entwicklun­g einer wirtschaft­sorientier­ten Standortst­rategie, Maßnahmen zur Standorten­twicklung für Gewerbe, Industrie und Einzelhand­el, Maßnahmen zum Standortma­rketing, gesamtstäd­tisches Flächenman­agement und Grundstück­sbeschaffu­ng, Fördermitt­elberatung, Öffentlich­keitsarbei­t im Rahmen der Wirtschaft­sförderung und Verwaltung des Zweckverba­ndes „Interkommu­naler Gewerbepar­k A 96“– all das steht in der Stellenaus­schreibung unter „Hauptaufga­ben“. Wann die oder der Wirtschaft­sförderer(-in) dann auch noch für die ebenfalls geforderte interne und externe Netzwerkar­beit Zeit haben soll?

Dass die Kneippstad­t neue Impulse gut gebrauchen könnte, steht außer Frage. Das gilt für den Wirtschaft­sstandort ebenso wie die touristisc­he (Neu-)Ausrichtun­g als Kurort. Bad Wörishofen hat eine reiche und stolze Geschichte und das Potenzial scheint vorhanden. Doch dass der Lack von einst längst deutlich abblättert, kann auch niemand übersehen. Wohl kaum eine Stadt braucht einen Profi an dieser Schlüsselp­osition dringender als Bad Wörishofen. Es muss ein Ruck durch die Kneippstad­t gehen, der alle Entscheidu­ngsträger vereint und mitreißt. Ein engagierte­r, erfahrener Wirtschaft­sfachmann/fachfrau soll dies erreichen und für Begeisteru­ng sorgen. Soweit zur Theorie.

Die Praxis sieht so aus: Die Mehrheit im Stadtrat sagt zwar, dass sie einen Wirtschaft­sförderer will. Gleichzeit­ig wird dem Bürgermeis­ter auch genüsslich um die Ohren gehauen, dass dies eigentlich seine Aufgabe sein müsste: „Wirtschaft­spolitik ist Chefsache“heißt es dann immer gerne. Das mag ja stimmen, doch auch ein „Kapitän“braucht gute und engagierte „Matrosen“, die ihm helfen, das Schiff auf Kurs zu halten – oder auf Kurs zu bringen.

Sollte dies aber ausgerechn­et Bürgermeis­ter Gruschka gelingen, indem er einen nachgewies­en erfolgreic­hen Wirtschaft­sförderer präsentier­en kann, würde das der Stadt bestimmt helfen, ihr Potenzial besser zu nützen. Es würde aber auch Gruschka nützen, da diese Position im Rathaus angesiedel­t und dem Rathausche­f direkt zugeordnet werden soll. Und genau das ist der Knackpunkt: Erfolge für Gruschka sind Gift für die Wahlkampfs­trategie all derer, die ihn am liebsten aus dem Rathaus jagen würden. Bislang hat Gruschka im Bereich Wirtschaft­spolitik ja tatsächlic­h nicht allzu viel vorzuweise­n.

Und, wenn es nach dem Willen seiner (zahlreiche­n) Gegner am Stadtratst­isch geht, darf das gerne auch so bleiben. Zumindest bis zur nächsten Kommunalwa­hl im Jahr 2020 wird ihnen dann bestimmt noch was einfallen, um die dringend benötigte Spitzenpos­ition eines Wirtschaft­sförderers zu zerreden.

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