Kühe sind zu schwer und zu gefräßig
Die Tiere werden jedes Jahr größer. Das hängt mit der Züchtung zusammen – und es bringt Probleme
Bern/München/Wien Viele Kühe haben ein Gewichtsproblem – vor allem die in der Schweiz: Sie werden für die zarten Alpenwiesen zu schwer, für die Ställe zu breit und für die Bauern zu gefräßig. Manche bringen bei mehr als 1,60 Meter Größe schon über 800 Kilogramm auf die Waage. Das bringt unter anderem gesundheitliche Probleme mit sich. Die Interessengemeinschaft „Neue Schweizer Kuh“propagiert nun Tiere zu züchten, die kleiner, leichter genügsamer und gesünder sind.
Auch in Deutschland ist das Problem erkannt: „Es ist eine Grenze erreicht“, sagt der Vorsitzende des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM), Stefan Mann. Er betreibt einen Biobetrieb im hessischen Ebsdorfergrund bei Marburg. „Man kehrt zu robusten, langlebigen und vitalen Tieren zurück.“Nach seinen Angaben wurden Jahrzehnte lang bei der Züchtung aus Kanada, den USA und von anderswo Sperma und Embryonen importiert, um noch größere Kühe zu züchten. „Die Kühe werden jährlich 0,3 Zentimeter größer – dieser Trend muss gestoppt werden“, sagt der Präsident des Schweizer Züchterverbandes Swissherdbook, Markus Gerber.
Züchter suchten gerne Stiere zur Besamung aus, die möglichst ergiebige Euter versprächen. Das bedeute aber automatisch immer größere Tiere. Die knapp 700 000 Schweizer Kühe geben im Schnitt 7500 Liter Milch im Jahr, rund doppelt so viel wie in den 60er Jahren. Spitzenkühe kommen auf 12000 Liter, wie Michael Schwarzenberger sagt, einer der Mitinitiatoren der „IG Neue Schweizer Kuh“. Sie empfiehlt nun Stiere zur Besamung, die kleinere, genügsamere und gesündere Kühe als Nachwuchs versprächen. 500 bis 600 Kilogramm Gewicht bei einer Größe von 1,40 bis 1,45 Meter seien gut, rät Schwarzenberger. Das Problem der Schwergewichte: „Viele Ställe wurden vor 25, 30 Jahren nach der damaligen Größe der Tiere gebaut“, sagt er. Für heutige Kühe werde es dort oft sehr eng, vor allem, wenn sie liegen. Das könne gesundheitliche Probleme mit sich bringen.
In Deutschland gibt es dem BDM zufolge vier Millionen Milchkühe plus Jungtiere. Ein Problem abseits der Größe sieht dessen Vorsitzender Mann in der Verpflegung: Die Tiere brauchen Riesenmengen Futter. „Eine richtige Hochleistungskuh kann man nicht nur auf die Weide schicken – die brauchen noch Kraftfutter und Beifutter, damit sie genug Energie aufnehmen kann.“