Faszination Relegation
Dort, wo sich sonst zum normalen Ligaspielen nur 100 Zuschauer verlieren, finden sich plötzlich Heerscharen von Fans ein. Warum Entscheidungsspiele diese Anziehungskraft haben
Mindelheim Benningen, Stetten, Schöneberg – normalerweise säumen Sonntag für Sonntag nur rund 100 Zuschauer die Heimspiele der ortansässigen Mannschaften, die in der Kreisliga, Kreis- und A-Klasse antreten. Doch nach der regulären Fußballsaison sind gerade diese drei Sportplätze zum Mekka der Unterallgäuer Fußballfans geworden. Bei den Relegationsspielen, in denen es um Auf- und gegen Abstiege ging.
Die höchste Zuschauerzahl in der Allgäuer Relegation verzeichnete das Aufstiegsspiel zur Kreisliga: Über 1000 Besucher kamen nach Benningen, um dort einen 2:1-Sieg des TSV Lautrach-Illerbeuren gegen den TV Sontheim zu sehen. In Schöneberg waren es beim Spiel TSV Markt Wald – SV Greimeltshofen immerhin 767. Es ging um den Aufstieg in die Kreisklasse wohlgemerkt. In Stetten zog das Abstiegsendspiel zwischen den A-Klassisten FC Rammingen und SV Frechenrieden immer noch 500 Zuschauer an. Insgesamt lockten die Relegationsspiele im Allgäu bislang 6335 Zuschauer an, was einen Schnitt von 422 Fans pro Spiel macht. Zum Vergleich: Die Bayernliga Süd verzeichnete in der abgelaufenen Saison nur 286 Zuschauer pro Spiel, in der Landesliga Südwest waren es gar nur 166.
Warum ist das so? Es liegt zum einen am Finalcharakter: ein Spiel, ein Sieger. Was in den höheren Ligengefilden mit Hin- und Rückspielen ausgetragen wird, ist auf Kreisebene ein Spiel auf neutralem Platz.
Spielgruppenleiter Polykarp Platzer ist jedenfalls zufrieden mit den Zahlen: „Vor allem im Unterallgäu hatten wir viele Zuschauer. Sogar beim Aufstiegsspiel der Reserveteams von Türkspor Memmingen und Amendingen kamen über 300 Zuschauer.“Warum die Relegation vor allem im Unterallgäu die Fans anzieht, sei jedoch schwer zu sagen. „Im Raum Oberallgäu sind häufig Reservemannschaften betroffen. Die sind dann eben nicht so interessant, als wenn bei und etwa Rammingen und Frechenrieden zwei erste Mannschaften gegen den Abstieg spielen“, vermutet Platzer.
Je nach Liga nimmt das Interesse allerdings naturgemäß ab. Zwar habe der Bayerische Fußballverband (BFV) laut Platzer Interesse an Relegationsspielen. Aber wenn dann zu einem Spiel der Reservemannschaften vom FC Immenstadt und dem FSV Lamerdingen um den Aufstieg in die A-Klasse nur 90 Zuschauer kommen, stellt sich die Frage nach dem Sinn. „Sie müssen eben gespielt werden, um die Aufsteiger zu ermitteln“, sagt Platzer.
Reich werde der Verband durch die Entscheidungsspiele ohnehin nicht, sagt der Spielgruppenleiter. Allerdings: Je ein Euro vom Eintrittspreis (dieser liegt zwischen vier und fünf Euro bei einem Erwachse- nen) geht an die BFV-Sozialstiftung. „Der Sozial-Euro geht dann wieder in verschiedene Hilfsprojekte in Bayern“, sagt Platzer.
Eine Hilfe der anderen Art gab es von ihm in dieser Relegation für den SV Memmingerberg. Dort hatte man sich bereit erklärt, das Spiel zwischen Türkspor Memmingen 2 und dem SV Amendingen 2 auszutragen, allerdings die Tatsache vergessen, dass aktuell der türkische Fastenmonat Ramadan ist. „Es kamen zwar 300 Zuschauer, aber Memmingerberg konnte kaum etwas verkaufen“, sagt Platzer. Deshalb bekam der SVM nun ein zweites Spiel zugesprochen. Am Mittwoch spielen der SV Greimeltshofen und TV Bad Grönenbach 2 um den Kreisklassen-Aufstieg.