Klein, bunt, tödlich
Zur Familie der Baumsteigerfrösche gehört eines der gefährlichsten Tiere überhaupt – obwohl es absolut friedlich ist
Im tropischen Regenwald wimmelt es nur so von gefährlichen Jägern: In den Baumwipfeln lauern Vögel mit wachen Augen und messerscharfen Schnäbeln, am Boden streifen Schlangen und Spinnen lautlos durch das grüne Dickicht. Schwierige Bedingungen also für kleine Amphibien wie die Baumsteigerfrösche – noch dazu, weil sie wegen ihren grellen Farben leicht zu entdecken sind. Doch dabei hat sich die Natur etwas gedacht. Die auffällige Haut soll alle anderen Urwaldbewohner wissen lassen: „Komm mir lieber nicht zu nahe!“Denn von den winzigen Hüpfern geht eine enorme Gefahr aus.
Die Gattung der Blattsteiger, zu denen die Baumsteigerfrösche zählen, umfasst mehrere hundert Arten, die die schillernsten Farben tragen. Einige sind leuchtend blau mit dunklen Tupfen, andere feuerrot mit weißen Streifen, wieder andere sind knallorange oder gelb. Mit ihrer auffälligen, kontraststarken Erscheinung warnen sie mögliche Fressfeinde vor der Gefahr, die von ihnen ausgeht. Denn in den Drüsen ihrer bunten Haut produzieren die kleinen Frösche gefährliche Gifte, die bei Berührung übertragen werden und sich je nach Art unterschiedlich auswirken.
Während das Gift der allermeisten Baumsteigerfrösche für uns Menschen nur mäßig gefährlich ist – in den meisten Fällen verursacht ein Hautkontakt Fieber, Übelkeit und Bauchkrämpfe – gibt es ein paar wenige Vertreter, deren Gift weitaus bedrohlicher ist. Der gefährlichste seiner Art und eines der giftigsten Tiere überhaupt ist der Schreckliche Pfeilgiftfrosch, der mit fünf Zentimetern Körperlänge, wenigen Gramm Gewicht und leuchtend gelber Haut zu den größeren Exemplaren seiner Art zählt. Sein Name verrät, wozu ihn die Ureinwohner des kolumbianischen Regenwaldes, dem Lebensraum sämtlicher Blattsteigerfrösche, verwendet haben: Eine winzige Dosis des Giftes auf der Pfeilspitze macht das Geschoss zur hochgefährlichen Jagdwaffe. Im Umgang mit dem Hautsekret ist naturgemäß größte Vorsicht geboten. Denn für uns Menschen verläuft eine Vergiftung nach nur wenigen Minuten tödlich. Das Pfeilgift verursacht eine schnelle Lähmung der Atemmuskulatur. Damit sie mit ihrer Jagdbeute überhaupt etwas anfangen können, erhitzen die Urwaldbewohner das Fleisch sehr lange und gründlich, bis das Froschgift seine Wirkung verloren hat.
Der Pfeilgiftfrosch selbst setzt sein einzigartiges Gift nicht als Jagdwaffe ein. Die Tiere ernähren sich von Termiten, Ameisen und Käfern, die auf dem Boden des Urwaldes zuhauf vorkommen. Ihre Bezeichnung als Blatt- und Baumsteiger haben sie übrigens erhalten, weil sie ihre Kaulquappen statt am Boden bevorzugt in kleinen Wasserrückständen in den großen Blättern einiger Urwaldbäume ablegen. Ein Grund mehr, warum diese Tiere echte Überlebenskünstler sind!