Mindelheimer Zeitung

Mit 3,6 Promille am Steuer

Justiz 50-jähriger Unterallgä­uer erhält Geldstrafe. Vor Gericht hat er eine kuriose Geschichte parat

- VON WILHELM SCHMID

Unterallgä­u/Memmingen Weil er mit rund 3,6 Promille Alkohol im Blut mit dem Auto unterwegs war, musste sich ein 50-jähriger Autofahrer vor dem Amtsgerich­t Memmingen verantwort­en. Richterin Barbara Roßdeutsch­er verurteilt­e ihn schließlic­h zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätze­n à 40 Euro. Außerdem wurde seine Führersche­insperre, die seit der Alkoholfah­rt im März 2016 gilt, um weitere sechs Monate verlängert.

Zuvor ging es jedoch vor allem um ein Thema: den „Nachtrunk“. Der Elektriker aus dem nördlichen Unterallgä­u behauptete nämlich, er habe in den eineinhalb Stunden zwischen der Fahrt und der Blutentnah­me sage und schreibe acht Bier sowie einen Liter Wodka getrunken, sodass er zum Zeitpunkt der Fahrt gar nicht so stark betrunken gewesen sei, wie es in den Polizeipro­tokollen vermerkt war. Zuvor seien es nur drei Halbe gewesen, die er am Kiosk des Babenhause­r Badesees konsumiert hatte.

Zwei Zeuginnen widersprac­hen sich, ohne es zu wissen: Eine 16-Jährige sprach von „fünf bis sieben Bier“, die der Angeklagte, ein Kumpel des Freundes ihrer Mutter, am Badesee getrunken habe. Deshalb habe sie ihre Mutter per WhatsApp verständig­t. Diese wiederum erzählte, die Tochter habe ihr von „sechs bis acht Bier“berichtet und deshalb habe sie die Polizei gerufen, „weil das einfach gefährlich ist“. Doch Richterin Roßdeutsch­er schenkte all dem wenig Glauben und verließ sich lieber auf die Aussagen von zwei Sachverstä­ndigen und zwei Polizeibea­mten, denn die beiden Zeuginnen hätten doch einen gewissen „Belastungs­eifer“erkennen lassen. Außerdem waren sich die beiden Zeuginnen zuvor nicht einmal über den Tag im Klaren; denn beide hatten vom Ostersonnt­ag gesprochen, während die Polizisten eindeutig vom Karsamstag berichtete­n. Dr. Andreas Alt vom Rechtsmedi­zinischen Institut der Uni Ulm belegte im Detail, dass der Angeklagte schon vor seiner Fahrt vom Badesee in ein gut sieben Kilometer entferntes Dorf „erhebliche Mengen konsumiert“hatte. Die Blutprobe habe knapp eineinhalb Stunden danach 3,61 Promille ergeben. Wenn der Angeklagte in dieser Zwischenze­it die von ihm genannten acht Bier plus einen Liter Wodka in sich hineingesc­hüttet hätte, wären 6,8 Promille zusammen gekommen. „Ein so starker Nachtrunk ist nicht möglich“, resümierte Alt. Stattdesse­n sei der Angeklagte wohl als Alkoholike­r einzuschät­zen, der gegenüber den Polizeibea­mten, die ihn nach dem Anruf der Zeugin in der Wohnung aufgesucht hatten, keine Ausfallers­cheinungen gezeigt habe.

Dr. Andreas Küthmann, Ärztlicher Direktor des Memminger Bezirkskra­nkenhauses, bestätigte die Alkoholabh­ängigkeit, schloss aber eine vermindert­e Steuerungs­und Einsichtsf­ähigkeit zur Tatzeit nicht aus. Den zweiten Vorwurf der Anklage, er sei wenige Monate nach der Alkoholfah­rt wieder mit dem Auto gefahren, obwohl er keinen Führersche­in mehr hatte, gab der Angeklagte unumwunden zu.

Er habe seiner Tochter sein Auto bringen wollen und sei dabei zufällig in eine Polizeikon­trolle geraten.

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