Wunder geschehen!
„Gott hat mir einen Parkplatz geschickt, als ich darum gebetet hab!“– „Dass ich meinen Haustürschlüssel wiedergefunden habe, das war eine Gebetserhörung!“– „Wie ich meine Frau kennengelernt hab, da hatte Gott seine Finger im Spiel!“Das sind Bekenntnisse gläubiger Christen. Spinnen die oder gibt es wirklich mehr als den Zufall? „Wunder geschehen – wir dürfen nicht nur an das glauben, was wir sehen“, singt Nena und würde sich einreihen bei denen, die an mehr als den Zufall glauben. Und doch stellt sich schnell eine Beklemmung ein: Schön, die kleinen Wunder – aber ich kenne genug gläubige Menschen, die auf ihr großes Wunder noch vergeblich warten. Kann ich Gott wirklich mit meinen Kleinigkeiten belästigen, wenn anderswo das Schicksal blind zuschlägt?
In der Qual dieser Frage bleibt mit als Christ nur der Blick auf das Schicksal des Jesus von Nazareth: Sein Leben endet so schrecklich, dass einem der Glauben an den „Lieben Gott“vergehen kann. Das Hinrichtungsgerät bleibt aber das Symbol für jene tiefe Einsicht: Wir dürfen nicht nur glauben, was wir sehen! Denn sogar im Sterben verliert Jesus sein Vertrauen in einen liebenden Vater im Himmel nicht. Im Gegenteil: Alles, was mir widerfahren ist, hatte seinen Sinn und war Teil meines Weges mit Gott und zu Gott! – so könnte man zusammenfassen, wie Jesus nach Ostern seinen Freunden sein Schicksal erklärt.
Ermutigend und solidarisch möchte ich denen zur Seite stehen, die noch sehnsüchtig und flehentlich auf ihr Wunder warten. Trotzdem will ich es für mich wagen: Wie ein neugieriger, frischgeschlüpfter Vogel jeden Morgen neu aus dem Nest lugen und umherblinzeln – neugierig, welche Zeichen und Wunder mir Gott heute in mein alltägliches Leben hineingewoben hat. Vielleicht wird es ein ganz besonderer Sonnenstrahl sein, ein Windhauch im Rücken, ein Gesicht, ein Zublinzeln oder irgendetwas, das sich als reiner Zufall verkleidet hat … und plötzlich weiß ich wieder: Wunder geschehen. Darum bitte ich dich, lieber Gott!