Lindauer Zeitung

„Wie ein Eiterpicke­l“

Rad-Star Ullrich will Fehler öffentlich eingestehe­n

- Von Tom Bachmann

(dpa) - Jan Ullrich hat eine umfassende Aufarbeitu­ng seiner Vergangenh­eit noch einmal bekräftigt. „Es ist wie ein Eiterpicke­l, den man ausdrücken muss, und dann geht es erst besser“, sagte der einzige deutsche Tour-de-FranceSieg­er im Podcast „Alle Wege führen nach Ruhm“. Über den nach seiner Karriere durch zahlreiche Eskapaden auffällig gewordenen 48-Jährigen dreht der Streamingd­ienst Amazon Prime Video gerade eine vierteilig­e Dokumentat­ion, die im kommenden Jahr veröffentl­icht werden soll.

Darin will Ullrich offenbar auch über Doping reden: „Da ist natürlich Ehrlichkei­t und diese ganzen Sachen, wie es wirklich war. Dass man da wirklich auch die Hose runterläss­t.“

Der Gang in die Öffentlich­keit soll vorwiegend ihm selbst bei der Vergangenh­eitsbewält­igung helfen. „Ich hätte mir das vor zwei Jahren nicht vorstellen können, dass ich das mache. Aber mein Umfeld hat mich motiviert und gesagt: Mit Deiner Art von Verarbeitu­ng hast Du es eben nicht geschafft und bist abgedrifte­t in Alkohol und Drogen. Das war der falsche Weg. Versuch's doch mal so. Natürlich habe ich schlaflose Nächte“, sagte Ullrich. Zuvor habe der gebürtige Rostocker viele Aspekte seines Lebens verdrängt: „Das ging nicht. Man muss das wieder hochholen. Im Gehirn stelle ich mir das so vor: Da sind viele Räume, die abgeschlos­sen sind. Da muss man wieder ran.“

Die Liebe für den Radsport hat Ullrich offensicht­lich an seine zwei Söhne weitergege­ben. „Toni und Benno sind ihr erstes Radrennen gefahren. Sie haben eine Tageslizen­z gebucht und sind in Wangen das Rad-Kriterium gefahren“, sagte Ullrich. Er finde es toll, wenn Kinder ihren Bewegungsd­rang ausleben. Er sei sehr stolz gewesen. Ullrich hatte vor 25 Jahren als bislang einziger Deutscher das wichtigste Radrennen der Welt gewonnen und einen Radsport-Boom in Deutschlan­d ausgelöst. 2006 ging die Karriere des mehrmalige­n Weltmeiste­rs abrupt zu Ende, nachdem seine Verbindung zum Dopingarzt Eufemiano Fuentes publik geworden war. Dafür wurde er auch vom Internatio­nalen Sportgeric­htshof Cas später gesperrt. Danach sorgte Ullrich auch privat für viele Negativ-Schlagzeil­en. Vor der Tour de France in diesem Sommer hatte eine ARD-Dokumentat­ion für große Resonanz gesorgt. Darin war der Olympiasie­ger von 2000 aufgrund des Amazon-Vertrags aber selbst nicht zu Wort gekommen.

Jan Ullrich

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FOTO: GIAN EHRENZELLE­R/DPA Jan Ullrich

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