Vor allem Kinder leiden unter Corona-Maßnahmen
Seelische Gesundheit laut Studie bei einem Drittel durch Quarantäne und Homeschooling angegriffen
- Bei jedem dritten Kind hat in der Pandemie durch Homeschooling, Quarantäne, und Kontaktverbote die seelische Gesundheit gelitten. Das ergab eine am Donnerstag vorgestellte Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK unter 3000 Müttern. Dabei ziehe sich, so Studienleiter Klaus Zok, „wie ein roter Faden durch fast alle Ergebnisse unserer Untersuchung, dass Kinder aus sozial schwächeren Familien deutlich stärker durch die Pandemie belastet waren“.
So hätten vor allem Alleinerziehende und Mütter mit einfacher Bildung und geringem Haushaltseinkommen eine Verschlechterung der seelischen Gesundheit ihrer Kinder bemerkt. Diesen Befund machten deutlich mehr Geringverdienerinnen (51,0 Prozent) und Alleinerziehende (44,1 Prozent) als der Durchschnitt mit 34,9 Prozent. Mehr als jede zweite Mutter benennt Verhaltensauffälligkeiten des eigenen Kindes wegen der Pandemie. Reizbarkeit und Aggressivität stehen dabei mit Abstand an erster Stelle.
Generell wird die aktuelle seelische Gesundheit des eigenen Kindes im Vergleich zur körperlichen Gesundheit deutlich schlechter bewertet. Allerdings gab auch jede fünfte Mutter an, dass die Corona-Maßnahmen keinerlei ungünstige Auswirkungen auf ihre Kinder gehabt hätten. Dies trifft den Angaben zufolge insbesondere auf Familien mit höherem Einkommen zu. Mehr als zwei Drittel der Mütter berichteten zudem, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Familie gewachsen sei. Die positiven Effekte wie Zusammenhalt oder „das Entdecken neuer, gemeinsamer Hobbys wurden jedoch in sozial schwächeren Familien deutlich seltener wahrgenommen“, so Zok.
Als konkrete ungünstige Auswirkungen gaben die Mütter vor allem einen übermäßigen Medienkonsum (74,4 Prozent) und Bewegungsmangel (63,2 Prozent) an. Rund ein Viertel der Befragten erwähnte zudem Antriebsmangel, Ängstlichkeit, gedrückte Stimmung sowie starke Unruhe. Bei übergewichtigen Kindern haben sich in vier Fünftel aller Fälle die Gewichtsprobleme während der Pandemie verschärft, bei Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen sogar in über neun Zehntel der Fälle. Die Chefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, zog aus der Studie die Schlussfolgerung, dass besonders Kindern aus sozial benachteiligten Familien geholfen werden müsse. Das sei „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, auch für die post-pandemische Zeit“. Es brauche regionale Lösungen, die Kinder müssten „in ihren Lebenswelten beim Sport, in der Schule oder im Kindergarten“erreicht werden.
Die Befragung bezog sich auf den Zeitraum vom Beginn der Pandemie im Februar 2020 bis zum Februar 2022 und auf Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren. Befragt wurden ausschließlich Mütter, weil diese laut den Autoren in der Regel den Hauptteil der Erziehungsarbeit leisteten.
BERLIN - Klaus Müller, der Chef der Bundesnetzagentur, sieht schwierige Wintermonate auf die Deutschen zukommen. Russland hatte Gaslieferungen gedrosselt. Müller (Foto: dpa) glaubt, dass „der Preis mit seiner unsozialen Härte die wirkungsvollste Maßnahme sein wird, damit auch die Privathaushalte Gas sparen.“
Etwa ein Viertel des hiesigen Gasverbrauchs kam Anfang der Woche aus Russland, mittlerweile vielleicht noch 15 Prozent. Auf diese überschaubare Menge können wir doch verzichten, ohne dass hier alles zusammenbricht?
Nein, das schätzen wir anders ein. Der komplette Ausfall der russischen Lieferungen würde Deutschland vor gravierende Probleme stellen. Wir sollten uns nicht täuschen. Der Sommer ist warm, augenblicklich wird wenig Gas verbraucht, Unternehmen und Privathaushalte sparen schon gewisse Mengen. Aber kältere Temperaturen können das schnell ändern.
Der russische Konzern Gazprom halbierte an diesem Mittwoch den Gasfluss durch die Pipeline Nord Stream 1, kündigte aber größere Lieferungen über die Slowakei an. Wie sieht es damit aus?
Dabei handelte es sich erstmal nur um Ankündigungen. In den Leitungen sahen wir das am Donnerstagvormittag noch nicht. Sollte es allerdings eintreten, wäre es bemerkenswert. Denn früher hat Gazprom Reduzierungen in einer Pipeline nicht an anderer Stelle kompensiert.
Angenommen, die reduzierte Menge fließt weiter – kommen wir damit halbwegs durch den Winter? Das würde schon sehr, sehr eng. Mit der 40-prozentigen Auslastung von Nord Stream 1 wie Anfang Juli kämen wir nach unseren Berechnungen einigermaßen zurecht. Voraussetzung: Wirtschaft und Haushalte sparen selbstständig etwa ein Fünftel ihres Gaskonsums ein, der Winter wird nur durchschnittlich kalt, und unsere Nachbarn brauchen keine unerwartete Hilfe. Zur Not können wir auch mit einer halbierten Gasmenge aus Russland unsere Speicher noch etwas weiter auffüllen. Das ist sehr wichtig, um mit einem gewissen Vorrat ins nächste Jahr und den Winter 2023/24 zu gehen.
Die unterirdischen Speicher sind schon jetzt zu zwei Drittel gefüllt.
Ist das keine gute Grundlage? Leider nein. Wir haben zwar gut aufgeholt. Trotzdem liegen wir noch unter dem langjährigen Durchschnitt des Füllstandes. Für berechenbare Zeiten würde das reichen, in der augenblicklichen Situation jedoch nicht.
Was würde passieren, wenn gar kein Gas mehr durch Nord Stream 1 strömte – müssen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern und Baden-Württemberg dann besondere Sorgen machen? Solche Sorgen wurden geäußert, weil die Pipelines in NordrheinWestfalen, sowie im Norden und Osten ankommen. Allerdings strömt ein großer Teil des Gases von Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern ohnehin über Tschechien nach Waidhaus in Bayern. Außerdem arbeiten wir an zusätzlichen Liefermöglichkeiten. Mit Frankreich wol
Russland hofft angesichts der gedrosselten Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 auf eine rasche Rückkehr der reparierten Gasturbine. Die in Kanada gewartete Turbine solle dann in die Gasverdichterstation Portowaja eingebaut werden, danach könnten die Arbeiten für die Wiederinbetriebnahme laufen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag.
Gazprom hatte seinem Vertragspartner Siemens Energy wiederholt len wir beispielsweise klären, ob ein zusätzlicher Eintrittspunkt im Saarland geschaffen werden kann. Und wir befüllen zielgenau Speicher im Süden.
Haben Sie einen Plan, welche Unternehmen als Erste weniger oder kein Gas mehr bekämen?
Die Bundesnetzagentur entscheidet erst, wenn die Bundesregierung per Verordnung eine Gasmangelnotlage ausruft. Mit den aktuell verfügbaren Tools und Daten würden wir dann in der von einer Notlage betroffenen Region das Gros der Letztverbraucher zu einer ratierlichen Verbrauchssenkung, also um einen gewissen Prozentwert des regulären Verbrauchs, auffordern. Bis voraussichtlich zum Oktober bauen wir eine Datenplattform auf, aus der wir ablesen können, wer wie viel Gas verbraucht und welche betriebs-, volkswirtschaftlichen und sozialen vorgeworfen, nicht die nötigen Dokumente und Informationen zur Reparatur der Maschine übermittelt zu haben. Siemens Energy wies die Vorwürfe von Gazprom zurück. Gazprom hatte am Mittwoch die Lieferungen durch Nord Stream 1 auf 20 Prozent der maximalen Auslastung gesenkt, weil nach Unternehmensangaben eine weitere Turbine in die Wartung musste. Als Gründe wurden technische Sicherheitsvorschriften genannt. (dpa)
Wäre denn im Notfall eine Festlegung auf beispielsweise 18 oder 19 Grad als maximale Raumtemperatur für Privatwohnungen möglich? Eine verordnete Senkung der Raumtemperatur kann nicht kontrolliert werden. Aber es gilt der deutliche Appell, dass jede und jeder im Familienrat überlegen möge, wie jetzt schon Gas eingespart werden kann, und das Gespräch mit der Vermieterin oder dem Vermieter über Heizungsoptimierungen gesucht werden sollte.
Für viele Privathaushalte haben sich die Gaskosten im Vergleich zum Vorjahr bis jetzt verdoppelt. Eine Verdreifachung bis 2023 ist nicht ausgeschlossen. Wie können Haushalte mit niedrigem Einkommen diese Belastung stemmen?
Die Bundesregierung hat eine Wohngeldreform mit einem integrierten Heizkostenzuschuss angekündigt. Das zielt in diese Richtung. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass wir die Belastung nicht für alle Menschen in Deutschland auffangen können. Ich finde es sozial fair, sich auf bedürftige Haushalte zu konzentrieren.
Wann könnte Deutschland von russischen Gasimporten im besten Fall völlig unabhängig sein? Wirtschaftsminister Robert Habeck hat den Sommer 2024 für die Unabhängigkeit von russischem Gas genannt. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Aber wir stehen völkerrechtlich in der Pflicht, perspektivisch aus den fossilen Energien insgesamt auszusteigen. Daran sollten wir mit Hochdruck arbeiten.