Der Meister der Konstanz
Während andere Topteams in Europa straucheln, ist der FC Bayern dem nächsten Titel ganz nahe
- Der FC Bayern ist Meister. Glückwunsch! Wir haben erst den 18. Spieltag? Ja, ja, klar. Trotzdem: Nach dem 4:0 beim FC Schalke haben die Münchner nun sieben Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten RB Leipzig. Und die Daten der Bundesligahistorie besagen: Einen solch großen Vorsprung hat der FC Bayern seit Einführung der DreiPunkte-Regel zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nie verspielt. Also? Tusch! Ein Hoch auf die Neunte! Und die Statistik.
Von einer Vorentscheidung wollte Cheftrainer Hansi Flick dennoch nichts wissen. Dies sei „absoluter Quatsch“, entgegnete der 55-Jährige darauf angesprochen nach dem Schalke-Spiel, bekannte aber: „Wir haben jetzt ein gewisses Polster.“DoppelTorschütze Thomas Müller meinte: „In der vergangenen Woche haben wir neun Punkte aus drei Spielen geholt und einen riesigen Schritt in der Tabelle gemacht.“Nach den Patzern der Konkurrenz habe man, so Müller, „die Woche super durchgezogen. Das waren Big Points. Und das ist am Ende das, was zählt“. Das bayerische Uhrwerk läuft. Und läuft. Und läuft.
Auch Flick kann nach dem dreifachen Dreier in der englischen Woche (2:1 gegen Freiburg, 1:0 in Augsburg und 4:0 auf Schalke) die Fakten nicht wegdiskutieren. Dennoch kritisierte er nach dem Erfolg beim Tabellenletzten die Leistung seiner Mannschaft: „Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden, aber die Art und Weise war nicht immer gut. Das war oft ein Hin und Her. Und das ist nicht das, was wir uns vorstellen.“Dennoch gibt’s zwei Tage frei, erst am Mittwoch trifft sich die Mannschaft wieder zur Vorbereitung auf das Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). Flick erklärte: „Das ist wichtig, um mal den Kopf frei zu bekommen und vielleicht nicht jeden Tag den Trainer zu sehen.“
Und um sich bewusst zu machen, welche Luxusprobleme der FC Bayern im Vergleich zur internationalen Konkurrenz aktuell hat. Die AboMeister beziehungsweise Big Player der anderen vier großen Ligen in Europa haben in dieser Saison unter den besonderen Corona-Umständen Probleme, ihre Dominanz der vergangenen Jahre aufrechtzuerhalten. Ein Blick über den Bundesliga-Tellerrand:
Hier steht Außenseiter OSC Lille (mit Ex-Bayer Renato Sanches) punktgleich an der Tabellenspitze, liegt dank des besseren Torverhältnisses vor Paris SaintGermain, das ansonsten alles überstrahlt. Zuletzt wurde PSG dreimal hintereinander Meister, gewann sieben der letzten acht Titel.
Frankreichs Ligue 1: Spaniens Primera División:
Atlético Madrid grüßt als souveräner Tabellenführer, mit sieben Punkten Vorsprung auf Real Madrid und zehn auf den FC Barcelona. Die beiden Platzhirsche der iberischen Halbinsel machten 15 der letzten 16 Titel unter sich aus, nur Atlético konnte 2013/14 überraschen. Nun erneut?
Englands Premier League:
Überraschungsteam Manchester United (zuletzt 2012/13 britischer Champion) steht an der Spitze, zwei Punkte vor Stadtrivale City mit Trainer Pep Guardiola (ein Spiel weniger) und sechs Punkte vor dem kriselnden Titelverteidiger FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp.
Italiens Serie A:
Hier heißt der Tabellenführer AC Mailand – und nicht wie zuletzt immer Juventus Turin (nur Vierter bei einem Spiel weniger). Juve war – sogar einmal mehr als Bayern – neunmal in Folge Meister, hat aktuell sieben Punkte Rückstand, Milans Stadtrivale Inter dagegen nur zwei. Die Dominanz der Alten Dame wackelt.
Doch warum ist das so? Warum hatten die Bayern (2:3 in Gladbach, Pokal-Aus in Kiel) nur ein kurzes Leistungstief? Trainer Flick schafft es offenbar besser, die hoch beanspruchten Profis der Topclubs des Kontinents in Dauerschleife auf Linie zu halten. In der Corona-Saison ermüden alle Kicker, physisch und mental. Sinnvolles (Taktik-)Training ist bei der hohen Taktung der Herausforderungen nicht möglich. Doch Flicks pragmatische wie realistische Herangehensweise und sein empathisches Moderieren der Rotation sowie das gleichzeitige Vertrauen, das er einem Stamm gibt, sind die Parameter des Erfolges. Dazu kommt der offenbar unstillbare Titelhunger der Stars um Neuer, Lewandowski & Co.
Ligenübergreifend wird ab Mitte Februar abgerechnet, wenn die K.o.Phase der Champions League beginnt.