Nagelprobe für CDU-Chefin
Kramp-Karrenbauer beim Parteitag in Leipzig im Fokus
BERLIN (sal) - Vor dem CDU-Parteitag treffen sich an diesem Donnerstag in Leipzig Gremien und Landesverbände, um die letzten Anträge vorzubereiten. Der Parteitag gilt als Nagelprobe für Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die im ersten Jahr als Vorsitzende viele nicht überzeugen konnte. Ihre innerparteilichen Kritiker hoffen auf Friedrich Merz, der kurz nach der Vorsitzenden reden will. In Leipzig stehen aber, bis auf die Wahl einer Nachfolgerin
von Ursula von der Leyen als CDU-Vize, keine Wahlen an.
Die Programmdebatte soll im Vordergrund stehen, vor allem der Antrag für die soziale Marktwirtschaft. Weitere Debatten werden zur Grundrente sowie zur Beteiligung von Frauen an der politischen Willensbildung in der CDU erwartet, aber auch über die Frage, ob der chinesische Huawei-Konzern vom Ausbau des 5G-Netzes ausgeschlossen werden soll.
BERLIN - Im Vorfeld geht es seit Wochen hoch her. Die Kritiker von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer legten kurz vor dem am Freitag beginnenden Parteitag in Leipzig noch einmal nach. Wolfgang Reinhart, der baden-württembergische Landtagsfraktionschef, hat die CDU für „inhaltlich insolvent“erklärt und eine Runderneuerung der Partei gefordert.
Wenn es nach der Sehnsucht um Erneuerung geht, steht ein altbekannter Name immer ganz oben: Mit Spannung blicken die 1001 CDU-Delegierten in Leipzig dem Auftritt von Friedrich Merz entgegen. Der frühere CDU-Bundestagsfraktionsvorsitzende will am Freitag gleich nach Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprechen. Immer wieder war von einer Revolte auf dem Parteitag die Rede. Merz, der im Dezember vergangenen Jahres in Hamburg bei der Kandidatenkür gegen Annegret Kramp-Karrenbauer unterlegen war, gilt vielen nach wie vor als Hoffnungsträger. Denn die CDU-Vorsitzende blieb seitdem blass. Ihr Zuspruch in der Bevölkerung ist gering. Doch Merz hat wie jüngst bei seinem Auftritt in Bad Waldsee alle Hoffnungen gedämpft. Bei dem Parteitag gehe es um Sachpolitik, nicht um Personalentscheidungen, so Merz.
„Ich sehe, dass Friedrich Merz von der Jungen Union bejubelt worden ist“, sagt auch Wolfgang Reinhart in einem Interview im Deutschlandfunk. Doch Merz habe sich ja selbst dafür ausgesprochen, dass die Kanzlerkandidatur erst nächstes Jahr entschieden werde.
In der Offensive
Nach der Thüringen-Wahl, bei der die CDU stark verlor, hagelte es Kritik an der Parteichefin. Merz twitterte, solch ein Ergebnis könnte man doch nicht ignorieren, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kritisierte Kramp-Karrenbauers SyrienVorstoß, der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, forderte eine Urwahl des Kanzlerkandidaten. Da ging Kramp-Karrenbauer, die bis dahin alle Kritik gelassen eingesteckt hatte, in die Offensive: „Wer immer meint, das müsse jetzt entschieden werden, hat ja auf dem Bundesparteitag eine Möglichkeit.“Ihrer Ansicht nach solle erst 2020 über die Kanzlerfrage entschieden werden, und sie habe nie einen Hehl aus ihrer Meinung gemacht, dass Kanzleramt und CDU-Vorsitz am besten in einer Hand liegen sollten. Sie selbst sei auch der Ansicht, sie sei ihrer Verantwortung bisher gerecht geworden. In den letzten Tagen räumte sie allerdings auch Fehler ein, von der Reaktion auf das Rezo-Video „Die Zerstörung der CDU“bis zur Europawahl.
Merz hatte aber nicht nur den Zustand der CDU kritisiert, sondern auch Merkels Untätigkeit. Diese habe sich „wie ein Nebelteppich über das Land“gelegt. Die Fundamentalkritik hat allerdings auch einige seiner Freunde verschreckt. „Damit hat sich Merz selbst am meisten geschadet“, hört man von vielen. Ähnliche Vorwürfe gehen auch an Wolfgang Reinhart. Wer seine Partei für insolvent erkläre, verschrecke doch mögliche Kunden, heißt es.
„Klar ist, wer sich selber nicht mag, den mag auch niemand anders“, sagt der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Manuel Hagel. Volkspartei heiße, ein Bild zu zeichnen, wie das Land, wie BadenWürttemberg und Deutschland, in fünf, zehn und 15 Jahren aussehen solle. „Auf dem Bundesparteitag in Leipzig wird da ein starker badenwürttembergischer Farbton erkennbar sein“, verspricht Hagel.
Mit Spannung werden auch die Auftritte der weiteren möglichen Konkurrenten Kramp-Karrenbauers, Armin Laschet und Jens Spahn sowie
CSU-Chef Markus Söder, der am Samstag kommt, gesehen. Bislang hat keiner von ihnen gesagt, dass er gegen AKK antreten will. Auch Generalsekretär Paul Ziemiak sieht deshalb betont gelassen dem Parteitag entgegen, der unter dem Motto „Deutschlands starke Mitte: CDU“stehen soll. „Das wird entgegen manche Äußerungen, ein intensiver Arbeitsparteitag“, so der Generalsekretär. Es gehe um die Frage, wie Deutschland im Jahr 2030 aussehen soll. Es lägen bereits 270 Anträge vor – von der Rente bis zu mehr Beteiligung von Frauen, von Bildungsthemen über Migration bis zur Landwirtschaft. 49 Anträge kommen aus Baden-Württemberg.
Der Parteitag beginnt nach einer Morgenandacht mit der Rede von Parteichefin Kramp-Karrenbauer, danach folgt der Auftritt von Merz. Nach der Wahl eines Nachrückers für die scheidende CDU-Vize Ursula von der Leyen sollen am Nachmittag die Programmdebatten beginnen. Zunächst wird der Antrag „die soziale Marktwirtschaft von morgen“behandelt. Laut Ziemiak geht es darum, wie man mutig, innovativ und optimistisch auftritt und Gründergeist schafft. Denn in einem stimmen alle in der CDU überein: Wirtschaft ist das Kernthema der Christdemokraten, mit diesem Pfund will man wieder wuchern. „Die CDU BadenWürttemberg will den inhaltlichen Motor des Bundesparteitags richtig anheizen“, sagt dazu der Stuttgarter CDU-Generalsekretär Manuel Hagel.