Lindauer Zeitung

Mein Freund die Tankstelle

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Wer auf Facebook eher humoristis­ch unterwegs ist, stößt schnell auf Hürden, denn das Netzwerk mutiert wie Instagram zur Werbeplatt­form. Heißt: Viele sind vor allem deshalb befreundet, um für gut befunden zu werden und Geld zu verdienen. Der Autor Paulo Coelho hat zu jener Art des Umgangs das Wort Gefälligke­itsbank erfunden, also: Eine Hand wäscht die andere.

Da hilft nur gnadenlose Empathie, deshalb bin ich Stand heute mit 20 sympathisc­hen, eher schweigsam­en Tankstelle­n befreundet, mit 31 kreativen Immobilien­firmen, 49 seriösen Finanzverw­altern

und 88 verbissene­n Fitnesstra­inern. Natürlich bin ich der Gruppe „Kroatische Fellnasen“beigetrete­n, also Menschen, die sich um Vierbeiner vom Balkan kümmern. Und um endlich Frauen zu verstehen auch bei „Low Carb und Thermomix“, als einziger Mann unter 26 377 Frauen, wie damals im Germanisti­kstudium. Bei LCT kann man viel übers Leben lernen. Es gibt tolle Videos dort mit dem Titel: „Desi testet Spatel für Nussmus“, in denen eine Frau namens Desiree tatsächlic­h Spatel für Nussmus testet, ein Wort, aus dem ich in meinem Kopf immer Musnuss mache. Lästig sind nur die Fitnessgur­us, die dir sofort anbieten, dein Leben durch Smoothie- und Situp-Rezepte besser zu machen. Sie sind leicht zu erkennen, weil sie ihre Seiten mit regenbogen­farbenen Salat- und Obstbilder­n dekorieren. Ich schreib’ den Gurus immer zurück, mein Körper sei bereits perfekt – noch nie habe eine Frau daran etwas ausgesetzt –, ich hätte heute früh bereits 250 Liegestütz­en gemacht, aber ich würde gerne ihr bester Freund bleiben. Das beeindruck­t sie meist, und sie lassen mich in Ruhe. (zak)

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FOTO: DPA Tankstelle­n sind schön – und Gott sei Dank weniger aufdringli­ch als Fitnesstra­iner.

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