Altes Handwerk mit jungem Schwung
um Glück für Veronica Holzer ist ihr Vater schon immer ein begeisterter Hutträger gewesen. Sonst wäre ihr vielleicht nie eingefallen, Modistin zu werden. Heute weiß sie, er hatte die beste Idee überhaupt, als er sie, damals noch Schülerin im künstlerischen Zweig der Realschule Lindenberg, zu einem Praktikum in einem Hutatelier ermunterte. „Schau dir das doch mal an, das könnte was für dich sein“, hat er gesagt. Veronica hat die Sommerferien genutzt und sogar zwei Praktika gemacht. Denn praktischerweise sitzen mit Mayser in Lindenberg und Seeberger in Weiler gleich zwei international renommierte Hutfabriken bei ihr um die Ecke. Den lang gedienten Ausbildungsleiterinnen in den Traditionsunternehmen ist es ein Herzensanliegen, die Freude an diesem alten Handwerksberuf weiterzugeben. Das gelingt umso leichter, da die moderne Ausbildung in Schule und Betrieb viel stärker auf die Kreativität der angehenden Modistinnen setzt als noch in den 1990er-Jahren. In deren Folge waren die Ausbildungszahlen deutlich zurückgegangen. Heute dürfen die beiden Meisterinnen es neben dem persönlichen Erfolg auch als Zeichen einer neuen Begeisterung für den Beruf verbuchen, wenn ihre Schützlinge am Ende der Ausbildung ein ums andere Mal für ihre Arbeit und ihre Ideen ausgezeichnet werden. Ulrike Aßfalg, die bei Mayser den Nachwuchs betreut, hat noch in der ehemaligen Hutfabrik Reich in Lindenberg gelernt. Seit wenigen Jahren ist in dem altehrwürdigen Gebäude das Deutsche Hutmuseum zu Hause. Eine Galerie der schönsten, originellsten Kreationen aus der spannenden Geschichte der Hutmode lässt hier auch die hartnäckigsten Hutmuffel schwach werden. Vor allem wecken sie Neugier und Lust auf den Beruf. Veronica hat inzwischen das erste von drei Ausbildungsjahren bei
Seeberger hinter sich und lässt keinen Zweifel daran, wie froh sie jeden Tag ist, sich für diesen anspruchsvollen Beruf entschieden zu haben. Bis zu 13 Wochen übers Jahr verteilt besucht sie die Berufsschule für Modistinnen in der Deutschen Meisterschule für Mode in München, im ersten Jahr zusammen mit den Schneiderinnen. Ab dem zweiten sind die Modistinnen unter sich. Es ist eine kleine Klasse, sagt Veronica, im Moment sind sie zu viert.
Betrieb und Schule gelernt hat und noch lernen wird, muss sie im kommenden Mai in der Zwischenprüfung praktisch umsetzen in Gestalt eines einzigen Hutes. Für die Planung und Fertigung hat sie dann sechseinhalb Stunden Zeit.