August Oetker wird 75 – und tritt von der Brücke ab
Manager räumt zum Geburtstag seinen Posten im Beirat – Nur seinen Schreibtisch will er behalten
BIELEFELD (dpa) - Eigentlich wollte er Kapitän werden. Stattdessen bestimmte August Oetker als vierter Chef in der Unternehmensgeschichte die Geschickte des Pudding- und Backpulver-Anbieters aus Bielefeld. Am Sonntag hatte er einen runden Geburtstag. Laut den Regeln muss er damit einen wichtigen Posten im Beirat aufgeben.
Bis dahin war August Oetker zwar regelmäßig an seinem Schreibtisch in der Unternehmenszentrale in Bielefeld, um sich um die Stiftungen oder die Rudolf-Oetker-Halle zu kümmern. Jetzt hat der vierte Oetker-Chef seit 1891 auch Zeit, sich seiner umfangreichen Büchersammlung zu widmen.
Der vorletzte Familienmanager an der Spitze beim Pudding-, Backpulverund Pizza-Anbieter musste mitunter zugeben, dass die alten nicht immer Recht haben. In einem Punkt konnte er sich jedoch durchsetzen: Mit Albert Christmann führt erstmals ein familienfremder Manager das Unternehmen. Er löste 2016 seinen Bruder Richard ab. Augusts Credo war stets, dass an der Spitze nicht unbedingt ein Oetker stehen müsse. Stattdessen sollten die Besten das Unternehmen führen.
Beim Verkauf der Container-Reederei Hamburg-Süd aber blutete 2017 dem gelernten Schifffahrtskaufmann das Herz. August Oetker hatte diesen Bereich in seiner Zeit an der Spitze zur größten Sparte gemacht. Mit dem Verkaufserlös von 3,7 Milliarden Euro allerdings konnte Dr. Oetker im Lebensmittelbereich auf Einkaufstour gehen. Um die Strategie und das Personal gibt es jedoch seit Jahren Auseinandersetzungen zwischen den Halbgeschwistern.
August Oetker war Nachhaltigkeit und ein fairer Umgang mit den Mitarbeitern wichtig. Das amerikanische „Hire and fire – Einstellen und Feuern“gab es bei ihm nicht. Bei den Mitarbeitern genoss er daher hohes Ansehen. 1995 war er Ökomanager des Jahres. Auch Neuerungen hat sich der Manager nie verschlossen. Der digitale Wandel sei auch für Dr. Oetker wichtig. Jetzt tritt August Oetker ab von der Brücke und gibt das Steuerrad im Beirat ab. Seinen Schreibtisch behält er. Nur erreichbar ist er jetzt nicht mehr immer.