Lindauer siegen in den Niederlanden
Bei den Eishockey-Play-offs gewinnen Islanders gegen Tilburg Trappers.
LINDAU/TILBURG - Mit dem erstmaligen Einzug in die Play-off-Runde der Oberliga haben die Eishockeyspieler der Lindau Islanders den bisher größten Erfolg der Vereinsgeschichte erreicht. Damit verbunden war eine Reise nach Holland, denn auf sie wartete die Aufgabe, gegen den Erstplatzierten der Oberliga Nord, die Tilburg Trappers, anzutreten. Mit dabei: Eine Delegation des Fanclubs – gut 30 wackere Lindauer Fans reisten der Mannschaft hinterher, um sie gebührend anzufeuern und, wie sich herausstellen sollte, auch ordentlich zu feiern.
Die Aufgabe schien aussichtslos, denn bekanntlich sind die Trappers in den vergangenen drei Saisons, seit sie in der deutschen Oberliga antreten dürfen, auch Oberligameister geworden. Und zu Hause haben sie eigentlich nur einmal in dieser Saison verloren, wobei gemunkelt wird, da sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen. Warum? Das Punktespiel gegen die Hamburg Crocodiles im Januar wurde als Charityspiel von den Niederländern ausgerufen, um die in Finanznöte geratenen Hamburger zu unterstützen. Und prompt unterlagen die Trappers gegen die Krokodile mit 2:5.
Dass dem Underdog aus Lindau eine ähnliche Sensation gelingen sollte, davon träumten nur die Kühnsten, wobei manch einer aus dem Vorstand der Tilburger genau dies befürchtet hatte. Die Lindauer Fans aber gehörten wohl nicht zu den Optimisten, sonst wäre der Fanbus wohl gut gefüllt gewesen, der kurz nach Mitternacht zum Freitag, rund zwölf Stunden nach der Mannschaft, Richtung Holland gestartet war.
Müde, aber recht guter Dinge kamen die Fans am Vormittag im Hotel in Tilburg an und mussten sich einige Stunden gedulden. Die Zimmer waren noch von den Eishockeyspielern belegt, die Mannschaft war gerade auf dem Eis, um die imposante Eissporthalle Tilburgs kennenzulernen und die ewig dauernde Busfahrt aus den Knochen zu schütteln. Die Fans hielten sich derweil mit Lummerlandliedern und ähnlichem im Hotelrestaurant bei Laune, eine Stadtbesichtigung wollten sie wohl nicht unternehmen.
Sascha Paul, der Sportliche Leiter der Islanders, sah das Ganze mit gemischten Gefühlen: „Seit wir in der Oberliga spielen, war immer im Gespräch, dass wir, wenn wir die Playoffs schaffen, nach Tilburg fahren müssen. Kaum bin ich nicht mehr in der Mannschaft, sind wir tatsächlich hier.“Als Mitglied der Mannschaftsführung aber konnte er miterleben, „wie herzlich wir hier aufgenommen werden, wie umsichtig wir hier versorgt werden. Das ist schon wahnsinnig“, sagt er.
Diese Freundlichkeit und Offenheit bekommen am Abend auch die Lindauer Fans zu spüren. Der Block für die Auswärtsfans ist zwar mit Eisentoren „gesichert“, aber vor dem Spiel und in den Pausen gibt es viele freundliche Gespräche mit den Tilburger Fans. Und die Lindauer haben ein Begrüßungsplakat geschrieben für ihre Gastgeber, auf holländisch: „Islanders begroeten Trappers“steht auf einem großen weißen Plakat.
Lindauer Fans gehen fassungslos in die Pause
„Den Tilburgern haben wir erst zeigen müssen, wie Eishockey von der Zuschauerseite geht“, sagt ein Fan aus Hamburg, der über seinem Crocodiles-Trikot einen Tilburg-Trappers-Fanschal trägt. „Und das mit Stolz, denn was Tilburg für meinen Verein da getan hat, war schon großartig!“Was aber haben die Hamburger den Tilburgern denn zeigen müssen? Denn wenn man in Holland vom Eishockey spricht, meint man normalerweise Tilburg. Von 20 Spielern der Nationalmannschaft sind 18 aus Tilburg, nach irgendwelchen 15 nationalen Meisterschaftsgewinnen suchten sie eine neue Herausforderung, die sie in Deutschland zu finden hoffen. Denn sie träumen nach wie vor davon, auch in die DEL 2 eines Tages aufsteigen zu dürfen, was ihnen bislang verwehrt wird. Also, eine lange Eishockeytradition, ständig ausverkaufte Spiele, 1500 Dauerkarten, und trotzdem mussten die Hamburger dem Publikum zeigen, was Eishockey bedeutet? „Ja, das mussten die“, bestätigt ein Ehepaar in Trappers-Trikots, er Holländer, sie Deutsche. „In Tilburg gibt es seit Jahren keine Stehplätze, alle sitzen. Das ist hier ein Theaterpublikum, das immer freundlich klatscht, fast egal, für welche Seite“. Als aber mehr als 400 Hamburger Fans mitgereist waren und ordentlich Stimmung gemacht haben, habe man von den Tilburgern überhaupt nichts mehr gehört, lachen die beiden, die bei Hannover leben, und so alle Auswärtsspiele der Trappers besuchen können.
Dass sie gelernt haben, zeigte sich an diesem Abend. Es gibt mittlerweile einen Supporter-Verein, die Mitglieder haben auch Trommeln und lieferten sich mit den Lindauer Trommlern ein kleines akustisches Duell. Doch selbst die lediglich 30 Fans vom Bodensee waren das ganze Spiel über gut zu hören, auch als die irre Stimmung dieses vollkommen irren Spiels immer mehr auf das gesamte Publikum überschwappte, das anfeuerte, pfiff und brüllte, für die Trappers kam das Unterstützungsfeuerwerk zu spät.
Die Lindauer Fans standen fassungslos in der Pause vor der Overtime herum, kratzten sich am Kopf, um festzustellen, dass das hier Realität und kein Traum ist. „Das ist doch unglaublich, was hier abgeht! Egal, wie das jetzt ausgehen mag, das ist ein Wahnsinnsspiel“, brüllt Vizepräsident Thomas Gläßer in den Lärm und der Technische Leiter Michael Messmer, der „Mesi“, schüttelt nur den Kopf und ist überglücklich, dass er doch hinterhergereist ist. Nur der Lindauer Eismeister Flo Grieger und seine Mitgereisten, Christoph Söll, der die sozialen Medien füttert, und Stefan Hener, schauen ratlos, als ob eine fürchterliche Niederlage droht. „Nein, nein“, wehrten sie ab, „wir sind nur fassungslos, wie Lindau sich hier nach dem Rückstand so wieder zurückgekämpft hat“. So trommelten und brüllten die Lindauer ihre Mannschaft anschließend zum Sieg.
Und just in diesem Moment erlebten auch sie den unglaublichen Sportsgeist der Tilburger Eishockeyfans, die sofort jedem, den sie als Lindauer identifizierten, gratulierten. Vom einfachen Fan bis hin zu den Mitgliedern des Vorstandes. Verbunden mit der Freude auf ein oder zwei Wiedersehen hier im Eishockeystadion von Tilburg.