Mehr als 3000-mal Kulturerbe
Interaktive Landkarte gibt Auskunft über historische Synagogen in Europa
LONDON (KNA) - Schon der erste Klick schockiert: Ganz Europa ein einziges Meer blutroter Markierungen. Verdichtet noch einmal über Westdeutschland und Böhmen, wo die Rücken der Pfeile kaum mehr nebeneinander zu unterscheiden sind. Die beklemmende Zahl dahinter: Mehr als 1000 Synagogen wurden allein in Deutschland in der sogenannten Pogromnacht des 9. November 1938 zerstört.
Wo in Europa stehen oder standen die Tausenden Synagogen von einst? In welchem Bauzustand sind sie heute und wofür werden sie genutzt? Darüber gibt eine neue interaktive Landkarte Auskunft. Hinter der Datenbank zum Schutz des jüdischen Erbes in Europa stehen die britische Stiftung für jüdisches Erbe und das Zentrum für jüdische Kunst der Hebräischen Universität Jerusalem.
Synagogen seien ein „Tor zum jüdischen Leben“, das sinnbildlichste Zeichen der mehr als 2500 Jahre jüdischer Präsenz in Europa und zugleich ein „einzigartiger Beitrag zum europäischen Kulturerbe“, heißt es auf der Websesite des Projekts. Gegenwärtig sind dort 3320 Synagogen in ganz Europa verzeichnet, 858 darunter in Deutschland.
Erfasst sind nach Angaben der Stiftung alle Synagogen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg sowie Nachkriegssynagogen in den 47 Mitgliedstaaten des Europarates sowie Weißrussland. Das Inventar umfasst Informationen zu Bauzeit und -material, Architekten sowie welcher jüdischen Strömung das Gotteshaus angehörte.
Weniger als ein Viertel (759) werden demnach heute noch als Synagogen genutzt; 120 dienen wie etwa die Synagoge im westfälischen Coesfeld als Kirchen; zehn sind heute eine Moschee. Von Polizeistation, Bäckerei über Kulturzentrum oder Restaurant bis hin zu ungenutzt reicht das Spektrum der Synagogen von einst.