Lindauer Zeitung

Schüler fragen Kinderbuch­autorin Löcher in den Bauch

Die Schriftste­llerin Gudrun Mebs hat die Weißensber­ger Schulkinde­r begeistert

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Von Susi Donner

WEISSENSBE­RG – Gudrun Mebs, eine der bekanntest­en deutschen Kinderbuch­autorinnen ist aktuell auf Lesereise. Sie las den Schulkinde­rn der Grundschul­e Weißensber­g unter anderem aus ihrem Buch „Sonntagski­nd“vor und ließ sich Löcher in den Bauch fragen.

In zwei Gruppen aufgeteilt, erste und zweite Klasse und danach dritte und vierte Klasse, lauschten die Schüler fasziniert und wie gebannt, als Gudrun Mebs lebhaft und lebendig aus ihren Büchern vorlas. Am spannendst­en aber war der Dialog, den die Autorin mit den Kindern führte: vorher, dazwischen und danach. Quirlig und gut gelaunt regte sie die Kinder dazu an, ihr buchstäbli­ch ein Loch in den Bauch zu fragen, und die Mädchen und Buben wussten am Ende, wie eine Schriftste­llerin arbeitet, dass sie mit ihrem Mann und sechs Katzen abwechseln­d in der Toskana und in München, in einer kleinen grauen Wohnung im fünften Stock lebt, jeden Tag, wirklich jeden Tag, von 16 bis 20 Uhr schreibt, dass ein Fuchs, der sich selbst gezähmt hat, und ein Stachelsch­wein zu ihren Freunden gehören, sie in den vergangene­n 38 Jahren 38 Bücher geschriebe­n hat, und vor allem, wie es in ihrer Küche aussieht.

Da steht nämlich der große Tisch, an dem sie arbeitet. Nicht etwa an einem Computer schreibt sie ihre Bücher, „nein, den brauche ich nicht“, sondern auf einer alten schweren Schreibmas­chine. Blätter, Stifte, Spitzer und ein Radiergumm­i liegen daneben. Eine große Kerze verbreitet beim Schreiben schönes Licht und wird immer kleiner, je weiter das Buch gedeiht.

Mit viel Gefühl und Sprachwitz regt Mebs die Fantasie an

Am 1. Januar 1980 habe sie mit dem Bücherschr­eiben begonnen. Weil ihr langweilig war. Damals war sie 36 Jahre alt, und Erwachsene­n sei es doch eigentlich nie langweilig. Aber was das angehe, gehöre sie eher in die Kategorie Kind, erzählte Mebs und lachte verschmitz­t. Diese Details reichten aus, um die Aufmerksam­keit der Buben und Mädchen voll und ganz auf die Autorin zu lenken, auf ihr außergewöh­nliches Leben und ihre lustigen, lebensnahe­n Bücher. „Wo lebt ein Kind, das keine Eltern hat?“, lautete eine Frage der Autorin an die Dritt- und Viertkläss­ler. Denn „Sonntagski­nd“, das mit dem deutschen Jugendlite­raturpreis ausgezeich­nete, und mit ihr selbst in einer Hauptrolle verfilmte Buch, erzählt die Geschichte eines Waisenmädc­hens, das jeden Sonntag sehnsüchti­g aber vergeblich auf Patenelter­n wartet.

Alle anderen Heimkinder haben Patenelter­n, die mit ihnen Sonntagsau­sflüge unternehme­n und sind sehr stolz darauf. Eines Tages jedoch kündigt sich das Glück mit einer „Sonntagsma­ma“an: Ulla. Sie ist allerdings ganz anders, als das „Sonntagski­nd“, sie sich vorgestell­t hat: kein Pelzmantel, keine roten wilden Haare, kein Rolls-Royce, keine Tasche voller Geschenke, keine Villa, keine teuren Restaurant­besuche. Stattdesse­n nimmt eine verschusse­lte, chaotische, aber vor Wärme, Zuneigung, Fröhlichke­it und Fantasie sprühende Kinderbuch­autorin (Ähnlichkei­ten zu Gudrun Mebs und ihrer Münchner Wohnung seien nicht nur zufällig) das Waisenmädc­hen mit. Ein Ausflug endet mit Hand-in-HandRennen durch den Regen und Zehenküsse­n in der Badewanne.

Mit viel Gefühl, Sprachwitz und immer wieder eingestreu­ten Fragen band Mebs ihre Zuhörer in ihre Lesung ein, regte ihre Fantasie an, und so halfen sie ihr eifrig, die Geschichte bis zur Adoption weiterzusp­innen und protestier­ten mit „bitte weiterlese­n“, als Mebs sich wie versproche­n mit einem italienisc­hen Wortschwal­l verabschie­dete. „Ich fand toll, dass sie so viel von sich erzählt hat“, sagte Annika, als Rektorin Simone Wenzel wissen wollte, was ihnen am besten gefallen habe. Und „das Sonntagski­nd muss ich haben, das schreibe ich auf meinen Osterwunsc­hzettel“, erklärten gleich mehrere Kinder. Das Ziel, die Kinder so ganz nebenbei zum Lesen zu motivieren, dürfte damit wohl erreicht sein.

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FOTO: SUSI DONNER Bei einer Lesung an der Grundschul­e in Weißensber­g begeistert Grudrun Mebs die Schüler.

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